Mittwoch, 22. Mai 2019
Sonntag, 5. Mai 2019
Presseschau: SatireSenf, 05. Mai 2019: Unhinterfragte Bedarfe zwingen zur Quadratur des Kreises
Regionalplan Bodensee-Oberschwaben: Unhinterfragte Bedarfe zwingen zur Quadratur des Kreises
TS42/19: Regionalplan Bodensee-Oberschwaben: Unhinterfragte Bedarfe zwingen zur Quadratur des Kreises
Keine Einleitung. Dieser Senf setzt die Berichterstattung und Kommentierung der von den drei Salemer Gemeinderatsfraktionen SPD, FDP und CDU im 30. April 2019 im Dorfgemeinschaftshaus Mimmenhausen organisierten Veranstaltung fort, die in TS40/19 begonnen wurde.
Thema der Veranstaltung und der aktuellen heftigen Diskussionen in Salem ist die Fortschreibung des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben. Die Kritik an den bisher vorliegenden Entwürfen (!) entzündet sich vor allem an der geplanten Zuweisung von 28 Hektar teilweise besonders wertvoller Böden für ein Gewerbegebiet in Salem-Neufrach. Ein weiterer Diskussions- und Streitkpunkt ist die Aufwertung der Kommune zum „Unterzentrum“ (Begriff im System der Raumordnung) und damit einhergehend ein neuer Entwicklungsschwerpunkt „Industrie und Gewerbe“. Weitere Erklärung der Inhalte hier.
Unsere Zeit sei schnelllebig. Kann man wohl sagen. Im senfproduzierenden Gewerbe hat man kaum die notwendige Muße, eine so komplexe und informative Veranstaltung wie die in Mimmenhausen zu analysieren, relevante Aussagen der Entscheidungsträger herauszuarbeiten und Widersprüche zusammenzustellen. Denn inzwischen ist schon wieder Neues und Berichtenswertes mit Relevanz für den designierten Industriestandort passiert. Zum einen tauchte jetzt eine Stellungnahme der Freien Wähler in Salem auf, die sich – für mich überraschend – ganz klar gegen die bisherigen Pläne im Regionalplan ausspricht (Link und Zitate in TS41/19).
Dramatisches Problemerkennungsgefälle: Konstanz ruft den Klima-Notstand aus
Zum anderen: Breaking News am 3. Mai 2019 in allen / deutschen / Medien
war eine völlig überraschende Meldung aus Konstanz. Dort hat der
Gemeinderat einstimmig (!) den sogenannten Klimanotstand ausgerufen.
Konstanz ist damit die erste deutsche Stadt, die dem Beispiel so
bekannter Metropolen wie Vancouver, Oakland, London und Basel folgt. Das
eher formal relevante Kriterium „Klimanotstand“ verlangt, dass künftig
alle Gemeinderatsbeschlüsse unter einen Klima-Vorbehalt gestellt werden.
Von solchen innovativen Meilensteinen mit Leitplankenfunktion ist man sowohl im Regionalverband Bodensee-Oberschwaben wie in Salem so weit entfernt, wie es die genannten Entfernungsmesser angeben. Dabei ist das Thema hier wie dort dasselbe: Ein Wachstum wie bisher besonders in den westlichen Industrienationen praktiziert verträgt dieser Planet nicht mehr. *
Südkurier-Artikel verschweigt alle relevanten Inhalte
Des Weiteren liegt inzwischen der Südkurier-Artikel zu der Veranstaltung vor. Hatte ich in TS40/19
noch meine Witze darüber gemacht, wie es den Kollegen der regionalen
Monopolpresse wohl gelingen werde, die Komplexität der Veranstaltung in
die ihnen von den Redaktionen (üblicherweise) vorgegebenen 70 Zeilen zu
pressen, ist mir das Lachen vergangen bei der Lektüre des Südkurier-Artikels „Podium zur Gewerbeentwicklung: Laut Regionalverband sollen sich Betriebe weiter entwickeln können“.
Der Artikel straft mich Lügen, denn es waren nicht nur mehr als 70 Zeilen, es war glatt das Doppelte. (Meine Strategie hat also gefunzt!)
Trotz dieser nahezu exzesshaften Zeilenfreiheit schafft es der Kollege dann aber, nicht eine (in Zahlen: 1) wirklich interessante Aussage der Referenten oder gar Bruchstücke der emotional aufgeladenen Diskussion zu berichten. Auf dem Facebook-Account von Grünes Salem wurde ob all dieser Lücken schon spekuliert, ob der Südkurier-Knecht womöglich nur den ersten Teil der Veranstaltung erlebt habe. Auch ich kann dieser Spekulation klar widersprechen: Der zwischenmenschliche Eiseshauch am gemeinsam besetzten Pressetisch dauerte bis zum Ende der Veranstaltung an.
Im Südkurier-Bericht fehlen die wichtigen und häufig wiederholten Bekenntnisse von Wilfried Franke, Direktor des Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, dass seine Organisation vor unlösbaren Zielkonflikten stehe und sich der Aufgabe gegenübergestellt sehe, die Quadratur des Kreises zu leisten: „Wir stoßen an Grenzen.“
Von den in der Veranstaltung aufgetauchten Widersprüchen kein Wort im Südkurier-Artikel. Der Behauptung einzelner Referenten, Salem sei ein Industriestandort, stellte Moderator Arnim Eglauer (SPD) zum Beispiel das Faktum gegenüber, dass die Einnahmen aus der Einkommensteuer in Salem das Gewerbesteuer-Aufkommen deutlich übersteigen. Das sind Widersprüche, die unbedingt in einen Bericht über die Veranstaltung gehören.
Es kam noch mehr heraus: Wie hoch die Flächenbedarfe der in Salem ansässigen Betriebe für die nächsten Jahrzehnte tatsächlich sind, wurde gar nicht erhoben. Die angenommenen Bedarfe beruhen auf Schätzungen und Zahlen des Statistischen Landeamtes sowie einer Stimmungsumfrage der IHK.
Außerhalb der Veranstaltung erfahre ich
von einem anderen Politiker in Salem, dass es noch nicht einmal
statistische Angaben darüber gibt, wie viele Einwohner in Salem
wohin/woher aus- und einpendeln.
Hausbau ohne Architekt?
Am Dienstagabend war es das Verdienst
von Moderator Arnim Eglauer, per Nachfrage an Franke, die windige
Faktenbasis der Planung offenzulegen. Er zwang den Verbandsdirektor mit
den 37 Jahren Raumplanungserfahrung zu dem wörtlichen Eingeständnis,
dass es sich bei den Zahlen um „Näherungswerte“ handele.
Hausbau „pi mal Augenstern“?
*
*
Der lange und anstrengende Abend in Mimmenhausen verhalf einem weiteren
bedeutenden Widerspruch zum Comingout. Auf der einen Seite behauptete
Regionalplaner Franke, dass die Annahmen und Schätzungen der letzten
Regionalplanung 1996 sich überwiegend als zutreffend herausgestellt
hätten. Auf der anderen Seite berichtete der IHK-Vertreter Wolfgang Heine,
dass sich in der Umfrage bei den Salemer Gewerbebetrieben eine
deutliche und seit 2007 wachsende Unzufriedenheit mit dem lokalen
Wohnungsangebot zeige.
Wie passt denn das zusammen?
Auch eine der wichtigsten an diesem Abend gestellten und in der Diskussion leider nicht wieder aufgegriffenen Fragen kommt im Südkurier-Bericht nicht vor. Die engagiertesten Kritiker am jetzigen Stand des Planungsentwurfs für Salem rekrutieren sich aus den Reihen des Aktionsbündnis Grünzug Salem. Dazu gehören auch die Fraktionsmitglieder der Gemeinderatsfraktion Grüne Offene Liste (GOL). Das Aktionsbündnis hatte am 18. April 2019 in einem offenen Brief an Bürgermeister Manfred Härle die Parole ausgegeben: „Die Wachstumspolitik ist eine Politik des vergangenen Jahrhunderts“.
Ohne Namensnennung oder Quellenangabe griff IHK-Heine die für ihn und andere Befürworter der bisherigen Entwicklungskonzepte offensichtlich hochprovokante These auf. Er frage „diejenigen, welche meinen, wir brauchen kein Wachstum mehr“, woher denn dann die für infrastrukturelle Investitionen notwendigen Gelder kommen sollen.
Jeder politisch Interessierte wird die Antwort kennen. Und sie liegt auf der Hand. Leider wurde sie in Mimmenhausen in der Diskussion nicht wieder aufgegriffen und auch nicht beantwortet. Und vom Südkurier gleich ganz unterschlagen.
Mindestens eine Behauptung im Südkurier-Artikel schrappt haarscharf an der Unwahrheit vorbei. Das Thema „Ausweitung des Salemer Gewerbegebiets“ wurde (von den Referenten) nicht „eher unter wirtschaftlichen Aspekten beleuchtet“, sondern ausschließlich. Als gäbe es die gesamte Klimaproblematik und –diskussion gar nicht!
Auch das interessante Stichwort „Stimmungsdemokratie“ fehlt im Südkurier-Artikel. Es kam in einem reichlich wirren Bekenntnis vor, das CDU-Gemeinderat Franz Jehle am Ende der Veranstaltung kontext- und erklärungslos mit von den Lippen sprühender Leidenschaft in den Saal regnen ließ. Er wolle nicht in einer solchen Stimmungsdemokratie leben, gab der CDU-Mann ohne weitere Definitionen oder Erklärungen den inzwischen völlig erschöpften Bürgern mit auf den Weg.
Eine klare Begriffserklärung zu dem Begriff „Stimmungsdemokratie“ gibt es nicht. Google nennt aber Verwendungsbeispiele.
Man kann nur spekulieren, was Jehle meint und was nahtlos wieder zu dem angegebenen Zweck der Veranstaltung zurückführen würde: Die sollte über das Thema „informieren“. In der Regel ist es dann der politische Gegner, der das mit seinen Veranstaltung und Veröffentlichungen eben nicht tut.
Diese Betrachtungsweise ist auch hübsch problematisch. Sie pinkelt der demokratischen Streitkultur auf die Schuhe.
In der Diskussion, die den viel zu
langen Referaten folgte und sehr engagiert verlief, platzten immer
wieder die grundlegenden Widersprüche zwischen den insbesondere von
Franke als absolut gesetzten Bedarfen und dem Faktum der dafür nur noch
begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen auf. Moderator Eglauer und GOL-Gemeinderat Ralf Gagliardi
gerieten aneinander. Letztgenannter hatte Eglauer für eine falsche
Angabe kritisiert. Der reagierte mit „Ich habe einen Fehler gemacht und
Sie wissen es auch nicht besser.“ Sehr schlagfertig, aber wenig souverän
für einen Moderator.
Die Nerven in Salem scheinen blank zu liegen?
Irgendwelche inhaltlichen Lösungen für die im Saal und in der Region brütenden Konflikte zeichneten sich nicht ab. Aber Franke verwies darauf, dass die Ergebnisse der Kommunalwahl am 26. März 2019 unter Umständen Einfluss auf den Regionalplan nehmen werden.
Auch wenn Franke mit seiner penetrant wiederholten Anmerkung, Regionalplanung sei kein Wunschkonzert, bei mir und vielleicht vielen anderen den Eindruck erweckte, dass dieses entscheidende Planungsinstrument demokratischer Mitwirkung entzogen sei, lässt der Zeitplan noch Raum für die Hoffnung, dass dem nicht so ist. Die Offenlegung des endgültigen Entwurfs erfolge voraussichtlich Juni 2019. Rechtskraft werde der neue Regionalplan frühestens Ende 2020 erlangen.
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Die Strategie der Wachstumsideologen
Sowohl bei der „Informationsveranstaltung“ in Mimmenhausen wie auch in den diversen „Werbeaktionen“ (z. B. Instrumentalisierung des Amtsblattes durch den Bürgermeister; persönliche Anschreiben des Sparkasse-Direktors Wirtschaftsforum-Salem-Sprechers Ralf Bäuerle an die Gewerbetreibenden)
der Protagonisten eines Entwicklungsschwerpunktes „Industrie und
Gewerbe“ in Salem wird die von diesen benutzte Argumentationsstrategie
deutlich: Es sind die vom Himmel fallenden „Bedarfe“, die unbedingt zu
befriedigen seien. Wir erinnern uns: staatlicher Auftrag! Für die drei
vom Regionalplan Bodensee-Oberschwaben umfassten Landkreise
Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen mit ihren insgesamt 87
Kommunen etwa werde, Angaben von Franke, ein Bevölkerungswachstum
(„zusätzliche Einwohner“) von 60.000 bis 70.000 Einwohner bis 2035
angenommen. Und seit 2014 seien schon 20.000 davon eingetroffen. Dieser
Zuzug verlange eine Flächenzuweisung von 11.000 Hektar für Wohnflächen
bis 2035.
Sämtliche Bedarfe, ob die für Wohnraum, mehr aber noch die für Gewerbe, werden dabei von den Befürwortern immer absolut gesetzt. Dass diese in Wahrheit eben nicht vom Himmel fallen, sondern Ergebnis entsprechender Lenkungsprozesse und Steuerungsmechanismen sind, wird gezielt verschwiegen.
Dazu nur ein auf diesem Blog schon behandeltes Beispiel aus der Gemeinde Ostrach
(Landkreis Sigmaringen). Die prostituiert sich inzwischen bei dem
Werben um Gewerbeansiedlung derart, dass sie in entsprechenden Anzeigen
ausdrücklich auf jede Moral verzichtet und verspricht, allen
Gewerbeansiedlungsbegehren „vorbehaltlos“gegenüberzustehen.
Und, krawumm, da issa, der Bedarf!
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Eine andere Strategie ist die – verzeihen Sie meine Offenheit- der
fetten Lüge. Weder ist Salem bis dato ein Industriestandort, wie in
Mimmenhausen behauptet wurde. Sonst könnte wohl kaum das
Einkommensteueraufkommen die Einnahmen aus Gewerbebetrieben übersteigen
(Behauptung Arnim Eglauer). Noch lassen sich Belege für diese Behauptung
von Franke finden: „Wir sind eine der wirtschaftlich stärksten Räume
Europas“.
In einem von finanzen.net veröffentlichten Ranking der wirtschaftlich reichsten Regionen Europas, das allerdings auf Daten aus dem Jahr 2011 basiert, kommt die Region Bodensee-Oberschwaben gar nicht vor. Und wer es nicht unter die 15 Besten schafft, gehört zweifelsohne eben nicht zu den „wirtschaftlich stärksten Räumen Europas“. Wie sollte das auch gehen? In einer aktuelleren Statistik, veröffentlicht von dem Portal Eurostat, zum Bruttoinlandsprodukt auf regionaler Ebene rangiert Deutschland mit der Stadt Hamburg auf Platz 4. Erst wenn man die Regionen außeracht lässt, verschiebt sich das Bild: Auf der Grundlage der Daten 2015 erzielt Deutschland eu-weit das höchste BIP (Quelle).
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Ich nenne diese Argumentationsstrategie der Wachstums-Ideologen rund um den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben die Nabel-der-Welt-Lüge.
Indem man den Bürgern vorgaukelt, die von ihnen bewohnte Region sei
nachgerade das wirtschaftliche Rückgrat der EU, schmeichelt man ihnen
nicht nur. Sie werden unter dieser Last eigener Wichtigkeit auch zu mehr
Zugeständnissen bereit sein – Dürresommer 2018 und drohend 2019 hin,
Zyklone in Mosambik und Indien her.
Völker dieser Erde, schaut auf dieses Salem und erkennt …
Bürgerstimme: Leserbrief von Christiane Stangl
Bürgerstimme: Leserbrief von Christiane Stangl
Guten Appetit!
Fast könnte man darauf hereinfallen zu glauben, dass der gute
Gemeinderat Herr Eglauer nichts essen muss, da er versucht, anhand
seiner eigenen Rechnung aufzuzeigen, dass ein Betrieb mit 100
Arbeitsplätzen mehr Nutzen bringt, als der Landwirt, der die Flächen
beackert. Die Frage ist für wen. Regionalen Lebensmitteln wird eine
große Bedeutung zugemessen, aber wenn die Flächen versilbert werden
können und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer winken, dann regional
lieber woanders, dann gibt man dem Gewerbe gerne dem Vorzug. Dabei macht
die Landwirtschaft seit Jahren unermüdlich das Gleiche für die
Bevölkerung. Wenn Herr Eglauer es gerne biologisch hätte und nicht "schädlingsfrei und unkrautfrei gespritzt und gedüngt", wäre es
sinnvoll, landwirtschaftliche Fläche nicht zu versiegeln und auf jeden
Fall die heimische Landwirtschaft zu unterstützen, die im Übrigen auch
Arbeitsplätze schafft und die Existenzen von Familien sichert.
Die herablassende Art von Herrn Eglauer gegenüber
Andersdenkenden und in Verbindung damit von "üblicher Blockadetechnik"
zu sprechen, entspringt wohl einer aufkeimenden Ahnung, dass da
vielleicht noch mehr Menschen sind, denen die Zukunft von Salem so nicht
zusagt und die mit den Dimensionen des Gewerbegebietes ihre Probleme
haben. Mit ein paar Schlagwörtern wie "Ökoromantiker" und "Behinderung
von Veränderungen" versucht er etwas Staub aufzuwirbeln und politisch Andersdenkende lächerlich zu machen. Das entlarvt ihn selbst als
unsouverän.
Christiane Stangl
Samstag, 4. Mai 2019
Bürgerstimme: Leserbrief an den Südkurier: Vermarktung von Salem
Bürgerstimme: Leserbrief an den Südkurier:
Vermarktung von Salem
In einem Zusammenspiel zwischen dem Regionalverband und der Gemeinde
Salem soll die Gemeinde zum Unterzentrum hochgestuft werden.
Voraussetzung dafür war wohl
- Eine angemessene „Neue Ortsmitte“, die mit übertriebenen Großbauten (Rathaus; Supermarkt, im Entstehen und 5 oder 6 Wohnblöcken, die alles andere als bezahlbarer Wohnraum werden) jetzt schon in die Höhe wächst und
- Die Bereitschaft der Gemeinde eine Industrie-/Gewerbegebiet in Neufrach einzurichten, das mit ca. 28 ha Größe alle Dimensionen der Gemeinde sprengt. Dieses Gebiet ist kein Entgegenkommen für die Gemeinde, sondern ein „Trojanisches Pferd“.
Sowohl die angrenzenden Seegemeinden als auch die
angrenzenden Hinterlandgemeinden haben keine großen Gewerbeflächen
(mehr), Aufgabe des Regionalverbandes ist aber, einen "angemessenen"
Flächenbedarfsplan zu erstellen und da kommt Salem-Neufrach gerade
recht. Könnte es doch als sogenanntes "Interkommunales" Gewerbegebiet
sämtlicher Umlandgemeinden dienen.
Jetzt stört nur noch der Grünzug, der bei der letzten
Fortschreibung des Regionalplanes als wichtiger Bestandteil der Planung
eingerichtet wurde. Der soll jetzt aufgegeben werden!
Oder vielleicht woanders realisiert werden. Darüber ist noch nichts bekannt.
Da bis jetzt die ganze Planung im Hintergrund zwischen Gemeinde
Salem und Regionalverband nicht öffentlich gelaufen ist, hat die GOL den
Plan in einer öffentlichen Veranstaltung bekannt gemacht.
Der Bürgermeister, der den Plan mit dem Regionalverband ausgeheckt hat, schreibt jetzt in "Salem Aktuell" wörtlich:
"Diesen Vorstoß und die Initiative des Aktionsbündnisses
begleite ich mit großer Sorge. Nach wie vor bin ich der Ansicht, dass
auch in Zukunft noch eine gewerbliche Entwicklung in Salem möglich sein
muss. usw."
Da er bei der Veranstaltung der GOL anwesend war und ebenso
wie GR Eglauer erklärt hat, dass der Zeitpunkt für eine Diskussion der
Erweiterungspläne hätte schon längst stattfinden können, ja sogar
müssen, ist es unredlich, dem Aktionsbündnis zu unterstellen, es wolle
sämtliche Entwicklung in Salem bremsen. 28 ha Erweiterungsfläche sind
für Salem einfach unangemessen. Die Aussage, man müsse ja nicht alles
bebauen, auch wenn es genehmigt werde, klingt wenig glaubwürdig von
einem Bürgermeister, der schon vor Jahren seine ganzen Gewerbeflächen
ohne Bedenken an MTU verschleudert hätte, wenn nicht ein Bürgerbegehren
ihn gebremst hätte.
Jetzt erweist es sich als äußerst nachteilig, dass der
Bürgermeister nicht in der Gemeinde wohnt und die Stimmung der Bürger
hinter sich lässt, wenn er abends nach Hause fährt.
Stephan Strick
Donnerstag, 2. Mai 2019
Presseschau: SWR aktuell, 02.Mai 2019: 28 Hektar großes Gewerbegebiet in Salem
28 Hektar großes Gewerbegebiet in Salem
Mittwoch, 1. Mai 2019
Presseschau: SatireSenf, 01. Mai 2019 : Kein Wunschkonzert in Mimmenhausen
Zum Regionalplan Bodensee-Oberschwaben:
TS40/19: Regionalplan Bodensee-Oberschwaben: Kein Wunschkonzert in Mimmenhausen
Die von den Salemer Gemeinderatsfraktionen SPD, CDU und FDP organisierte „Informationsveranstaltung“ (!) und „Diskussionsveranstaltung“ unter dem Titel „Was ist der Plan für Salem?“ am 30. April 2019 im Dorfgemeinschaftshaus Mimmenhausen hatte schon im Vorfeld für Unruhe gesorgt. Am 26. April titelte das Aktionsbündnis Grünzug Salem auf seiner Facebook-Seite: „Nun wird der Druck spürbar erhöht“.
In Salem stehen sich (nicht nur) zum Thema dieses Abends – Fortschreibung des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben – zwei Gruppen gegenüber. Das ist auf der einen Seite der umstrittene Bürgermeister Manfred Härle mit der Mehrheit des Gemeinderats. Auf der anderen Seite stehen die Fraktion Grüne Offene Liste (GOL) sowie das imponierend breit aufgestellte Aktionsbündnis Grünzug Salem.
Merke auf: Die Landwirte, klassische Klientel der CDU, finden sich in Salem in den Reihen des Aktionsbündnis wieder! Wem dieser „Seitenwechsel“ als Symptom der Zeitenwende gelten will, unterschätzt die Beharrungskräfte auf regionaler und kommunaler Ebene. Die beziehen nach meiner Wahrnehmung ihre Energie, wenn nicht gar Wütigkeit, auch immer aus dem schier unbändigen Willen, eigene komfortable Besitzstände verteidigen zu wollen.
Die Gemeinsamkeit der beiden Gruppen, die relativ rein zwei weltweit konkurrierende Ideologien vertreten: Alle kauern vor demselben schier unlösbaren Problem, die Weichen für eine regionale und kommunale Zukunft stellen zu müssen, die neuerdings von globalen Bedrohungen verengt wird. Und das einzige Instrument, das Politik und Wirtschaft seit Bestehen der Bundesrepublik verlässliche Orientierung gab und schon Wert an sich war, wird von den meisten Wissenschaftlern, ausgewiesenen Experten, Theoretikern, Querdenkern und Philosophen seit geraumer Zeit infrage gestellt: Wachstum! Zumindest: extensives Wachstum!
Dieser Abend am 30. April 2019 in Salem-Mimmenhausen war besonders. Und ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, wie die Verlautbarungsjournalisten des Südkurier und der Schwäbischen Zeitung die Themen-, Fakten- und Problemfülle dieses Abends sowie die bedrohliche Düsternis der dabei weit aufgerissenen Abgründe in 70 Zeilen darstellen wollen. Wir werden es ja verlinken.
Schmankerl am Rande war wieder einmal der Südkurier-Gesandte am Tisch neben mir, der stoisch jede Höflich- oder gar Freundlichkeit verweigerte. Mit allen Anzeichen des Widerwillens überließ er mir – kurz! – zur Einsichtnahme ein SPD-Flugblatt, das am Saaleingang verteilt worden war. Nur nicht an mich. Zu basalen Akten zivilisierten Umgangs miteinander – man denke etwa an die wechselseitige Begrüßung und Vorstellung von Presseleuten untereinander – konnte er sich nicht so recht entschließen. Sibirien links meines Ellenbogens. Der ideologische Grenzzaun im Saal verlief mitten durch unseren gemeinsamen Pressetisch.
Nach meiner Schätzung (ich bin sehr schlecht darin!) waren mindesten 100 Bürger anwesend. Und der Abend war richtig hart. Der Stoff war schwer, die Fakten erdrückend. Die Differenzen unüberbrückbar.
Von den vier geladenen Referenten hätte man auf mindestens zwei easy verzichten können. Wenn den Veranstaltern dann an Effizienz der Diskussion gelegen gewesen wäre. Unterstellung: Das glaube ich nicht!
Als sogenannte Experten geladen waren:
+ Wilfried Franke, Verbandsdirektor des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben
+ Wolfgang Heine, Leiter Bereich Standortpolitik der IHK Bodensee-Oberschwaben
+ Martin Blaser, Mitglied der Geschäftsleitung des „Salemer Unternehmens“ (?) Advanced Space Power Equipment GmbH
+ Ralf Bäuerle, Sprecher des Wirtschaftsforum Salem und Direktor der Sparkasse Salem-Heiligenberg
Moderiert wurde die Veranstaltung von Arnim Eglauer, SPD-Gemeinderat, mit Schützenhilfe von Ulrich König (FDP) und Franz Jehle (CDU).
*
Kompetenz behindert Lösung?
Star des Abends und wichtigster sowie interessantester
Mann war zweifelsohne Wilfried Franke, Verbandsdirektor des
Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben. Interessant auch deshalb, weil
tragisch im klassischen Sinne. Kompetent bis zum Abwinken: Franke macht
den Regionalplaner-Job seit 37 Jahren. Fakten, Fakten, Fakten! Und der
Glaube an deren Unschuld und unbefleckte Erhebungsgenese. 37 Jahre unter
der Leitorientierung grenzenlosen Wachstums.
Was will man da erwarten? Ich würde jetzt mal die kühne These in den Raum schleudern, angesichts der vor allen stehenden Aufgaben braucht es wichtigere Qualifikationen als schiere Kompetenz? Zum Beispiel: Innovationsfähigkeit? Queres Denken? Oder um in der angezeigten klimatischen Metaphorik zu bleiben: brutal frischer Wind?
Wichtig: Der Regionalverband arbeitet in und erfüllt damit einen staatlichen Auftrag. Guckst du Landesplanungsgesetz Paragraf 11. Ganz persönlich hatte ich den Eindruck, dass dieser explizite Verweis Frankes auf einen „staatlichen Auftrag“ schon die Hälfte des bürgerlichen Widerspruchs zu strangulieren hätte?
Besonders bemerkens- und lobenswert war Frankes stellenweise Ehrlichkeit. Bei vielen im Saal mögen seine schockierenden Bekenntnisse – Stichwort „Quadratur des Kreises“, „Zielkonflikte“ – untergegangen sein. Ich habe sie notiert. Nahezu penetrant seine wiederholte Ansage an Saal und Bürger: „Regionalplanung ist kein Wunschkonzert.“ Die demokratische Bedrohlichkeit dieser Behauptung wird noch auszuleuchten sein. Diese von Franke x-mal wiederholte „These“ fand leider keinen Eingang in die Diskussion.
Offenbarungseid-technisch unterwegs war der IHK-Vertreter Wolfgang Heine. Fast sichtbar glühend vor innerer Überzeugung entfaltete er sein nahezu rührendes Glaubensbekenntnis, dass irgendwelche wie Kai aus der Kiste springende Technologien die globale Chose schon noch wuppen werden. Bis dahin: wachsen. Hamma imma so jemacht. Mir ändern nix!
Heine wies auf die von der IHK Bodensee-Oberschwaben auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellten Informationen und Materialien zum Thema hin (z. B. hier). Ich glaube allerdings nicht, dass dort wirklich Trost oder gar Lösung für die in Salem anstehenden Probs zu finden sein wird?
Der redundanteste Referent des Abends war zweifelsohne der Vertreter des „Salemer Unternehmens“ Advanced Space UndNochMehrMarktgängigeAglizismen Martin Blaser. Ich will ihm dafür keine Schuld zuweisen. Aber er quälte die ohnehin schon auf gutes Sitzfleisch angewiesenen Zuhörer mit der gesamten Firmengeschichte des Unternehmens.
Das Unternehmen setze ich als Salem zugehörig deshalb in Anführungszeichen, weil genau diese Eigenschaft vom Moderator Eglauer explizit nachgefragt wurde. Ach Gottchen, ja: Das Unternehmen stammt nicht aus Salem, es hat eben mal hier seinen Standort gewählt. Kirche sucht Dorf!
Für Blaser hoffe ich, dass er von den Veranstaltern ein ausreichendes „Standgeld“ bekommen hat. Die armen Referenten nämlich mussten die ganze Zeit stehen! Natürlich machte Blaser Werbung für den eigenen Laden. Muss er ja. Aber: Thema verfehlt!
*
Plattitüden, akkurat gekleidet
Wirklich ärgerlich war Ralf Bäuerle. Überdies der Mann mit
der schlechtesten Artikulation. Das kann ich ja ohne Zähne besser! Mein
verzweifeltes Bemühen, über 12 Seiten Aufschrieb hinweg irgendein
interessantes oder relevantes Zitat von diesem Mann zu bekommen, lief
ins Leere. Es plätscherte. Immerhin war er derjenige, der die brisanten
Stichworte „Landwirtschaft“ und „Naturschutz“ als Erster in den
aufgabenmäßig sonst nicht überlasteten Mund zu nehmen wagte. Sie kamen
unbeschadet wieder heraus.
Wer vor der Veranstaltung Bäuerles Anschreiben an die Gewerbetriebe in Salem gelesen hatte (guckst du hier), musste ohnehin schon jede Hoffnung fahren lassen: Ökologie und unser aller Lebensgrundlagen in der pastoralen Funktion des in seiner Freizeit radelnden Sparkassen-Direktors. Grundgütiger!
Überdies hätte Bäuerle die 3,5 Stunden Veranstaltungsdauer viel sinnvoller nutzen können, wenn er sich in der Zeit einmal um die halbtote Webseite des Wirtschaftsforum Salem gekümmert hätte. Wenn die Aktualität und die Inhalte dieser Webseite ein Gradmesser für die Vitalität des ortsansässigen Gewerbes und mithin für die Quantität seines Flächenbedarfs sind, dann sind die Probleme mit dem Regionalplan schon gelöst. In der Rubrik „Salemer Gewerbetage“ stammt der letzte Eintrag aus dem Jahr 2015! Der letzte Eintrag in der Rubrik Pressearchiv“ – in der Regel Nachweis eigener Aktivitäten – datiert von 2017.
*
*
Auf Twitter oder sonst irgendwo im Netz findet man, nein: ich, auch
keine Aktivitätsnachweise dieser offensichtlich nur pöstchenförmig
vorhandenen institutionellen „Kraft“. Bevor die Salemer jetzt ein
schlechtes Licht auf Wirtschaftsforen an sich werfen, hier der Twitter-Account von Wirtschaftsforum-Leuten, die „Wirtschaft persönlich nehmen“ und ihre Follower im Stundentakt informieren.
Aah, jetzt entsteißt sich Bäuerle in der „Informationsveranstaltung“ zum Thema Regionalplan doch noch einer Plattitüde, die der Nachwelt dringend zu erhalten ist:
Wir dürfen es uns nicht einfach machen mit der Entscheidungsfindung.
(Ralf Bäuerle, Spreche des Wirtschaftsforum Salen in der Informationsveranstaltung am 30.04.2019 im Dorfgemeinschaftshausen Salem-Mimmenhausen)
Hammer, oder? Wer wäre darauf je gekommen? Wo solche Geistesgrößen unsere Zukunft planen …
Das ist die richtige Textstelle, um darauf hinzuweisen, dass sich 2016 eine breite Mediendiskussion über die Angemessenheit der imposanten Gehälter von Sparkassen-Vorständen entspann. Jetzt weiß ich auch warum!
Aber wenn wir schon beim Wirtschaftsforum Salem und den dafür Verantwortlichen sind: Bürgermeister Manfred Härle war auch im Saal. In der ersten Reihe saß es. Und er hat mich wirklich tief beeindruckt. Denn er sagte keinen Ton. Eine erstaunliche Leistung, wenn man Härles Klimmzüge im Amtsblatt zum Thema liest. Jüngster Fall seiner Amtsblatt-Instrumentalisierung ebenfalls hier nachzulesen.
Jetzt haben wir schon drei Word-Seiten weg und zum Inhalt der Veranstaltung bin ich noch gar nicht gekommen! Weil ich mich auch immer verplaudere! Mein hemmungsloser Zeilenverbrauch gibt aber den frostigen Hauch von Ahnung der Aufgabenbewältigungsprobleme meiner (in der Regel schlecht bezahlten) Berufskollegen.
Und dann war da ja auch noch Diskussion
in der Diskussionsveranstaltung. Ein bisschen wenigstens. Moderator
Arnim Eglauer schaffte es via radikaler Überdehnung des angekündigten
Zeitrahmens, alle Wortmeldungen abzuarbeiten. Dabei wurden die Abgründe
tiefer und die in Salem dominierende Brodel-Stimmung hörbar.
Eigentlich ganz im Sinne von Schlaubatz Bäuerle, der ja schon qua seiner
visionären Kraft abgesehen hatte, dass wir es uns nicht einfach machen
dürfen mit der Entscheidungsfindung.
Sie sehen es selbst: Da muss noch mehr kommen von SaSe zu dieser denkwürdigen Veranstaltung!
Presseschau: Südkurier, 01. Mai 2019: Podium zur Gewerbeentwicklung
Laut Regionalverband sollen sich Betriebe weiterhin entwickeln können
Faktencheck 2
Klartext in Salem: Faktencheck Teil 2
Aussagen zum Thema Grünzug:
Auf die Frage,
ob es denn neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse gäbe, warum ein
bestehender, geschützter Grünzug zurückgenommen werden soll (Dieser war
in der RP-Fortschreibung 1996 schließlich explizit deshalb ausgewiesen
worden, um an dieser Stelle eine weitere Bebauung auszuschließen),
antwortete Herr Franke ehrlicherweise, es gebe keine neuen Erkenntnisse –
aber es gebe andere Bedarfe.
Er behauptete – wohlgemerkt eine
persönliche Einschätzung ohne Datenbasis, die Änderung läge im
Promille-Bereich und habe keine Bedeutung für den Gesamtplan.
Zur
Begründung verriet er, dass die Ausweisung von Grünzügen im neuen Plan
mindestens im gleichen Umfang erfolge, wie wir ihn im Bestand hätten.
Die
Mehrzahl der ausgewiesenen Orte seien keine weißen Flecken mehr. Um
Flächen (für Bebauung) zu bekommen, müsse man „…in die Flächen reingehen
die geschützt sind“.
ABü: Also da kann man tatsächlich nur noch staunen.1996 wurden ausführliche Gutachten nach gesetzlichen Vorgaben erstellt und aufgrund derer dann geschützte Grünzüge ausgewiesen, die nicht bebaut werden durften.
Nun
„benötigt“ man also mehr Flächen zur Erfüllung der Bedarfe, als zur
Verfügung stehen – und beschließt daher in einem „Abwägungsprozess“,
dass der Schutz bester Böden und der Landwirtschaft (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), des Regional -Klimas (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), des Wasserhaushaltes (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), der Kulturlandschaft etc. etc. problemlos
geopfert werden können.
Wir fragen uns: Welche Bedeutung soll
denn die Ausweisung anderer Schutzflächen haben – die offensichtlich
1996 noch nicht so schutzbedürftig waren, dass sie da auch ausgewiesen
werden mussten? Und die Tatsache, dass ein bestehender Schutz
offensichtlich jederzeit aufgehoben werden kann, wenn die Bedarfe
zunehmen (was sie ja stetig tun…) obwohl der Schutzzweck dringender denn
je ist – soll uns das wirklich überzeugen??
Aussage, Salem habe deutlich mehr Auspendler als Einpendler:
Natürlich
hat Salem mehr Auspendler als Einpendler. Die Arbeitswelt ist
allerdings wesentlich differenzierter. Salem war und ist schließlich für
viele Menschen, die in den Großfirmen von Friedrichshafen arbeiten, der
selbst gewählte Wohnort – es war die ausdrückliche Entscheidung dieser
Menschen, nicht in Immenstaad oder Friedrichshafen zu wohnen.
Eben
weil sie mehr Natur wollten oder die ländlichere Umgebung Salems
wertschätzen. Nicht umsonst wurden vor vielen Jahren Werksbusse mit Ziel
Friedrichshafen eingeführt.
Und wir fragen uns: Die
Krankenschwester, der Berufsschullehrer, der Zugführer, die Angestellte
an der Tankstelle, der Mitarbeiter im Maschinenring Deggenhausertal, …
man könnte diese Liste beliebig weiterführen: Sie sollen alle im
Gewerbegebiet Neufrach Arbeit finden?
Salem hat im Haushaltsplan
2019 7,8 Mio € Einnahmen durch Einkommensteuer verbucht – dem stehen 3,5
Mio € Einnahmen durch Gewerbesteuer entgegen.
Möglicherweise wäre mancher Neu-Einwohner nicht nach Salem gezogen, mit dem überzogenen Gewerbegebiet vor Augen.
Was
der Tourismus finanziell für Salem bedeutet, das wird nirgendwo genau
erfasst, da er sich in viele Teilbereiche aufgliedert. Dies wäre in
einer Gegend wie unserer aber doch sehr wichtig!
Immerhin haben wir 3
Attraktionen der Top 10 im Bodenseeraum auf der Gemeindefläche: Der
Affenberg (sogar unter den Top 5), Schloss Salem und der Schlosssee!
Die
Touristen besuchen die Attraktionen, ein Teil wohnt auch in Salem in
Hotels, Pensionen, vermieteten Zimmern oder im Campinghof. Viele essen
etwas im Rahmen ihrer Ausflüge, Handwerker bekommen Arbeit durch Bau-
und Sanierungsarbeiten.
Immer mehr Ausflügler sind mit dem Fahrrad unterwegs und wollen eine schöne Landschaft erleben!
Auch
im Salemer Gewerbegebiet bestehen Zeitarbeitsstellen mit wenig
attraktiver Bezahlung.Für diejenigen, die ihren Beruf nicht am Wohnort
ausüben können, muss der ÖPNV deutlich attraktiver werden, das ist eine
sinnvolle Forderung die sich daraus ergibt!
Aussagen zum Thema Schutz unserer Böden und der Landwirtschaft:
Auf
die Frage, warum beste landwirtschaftliche Böden der Vorrangstufe nicht
geschützt würden, antwortete Hr. Franke: „Wir können in
verantwortungsvoller Abwägung nicht jeden Acker schützen“. Diese Aussage
erscheint uns angesichts der sehr beschränkt vorkommenden Böden der
Vorrangstufe im Regionalgebiet fast schon als zynisch.
Hr. Eglauer/ SPD schob nach: „Guter Boden heißt noch lange nicht nachhaltige Landwirtschaft“.
ABÜ:
Natürlich heißt es das nicht, aber eine nicht nachhaltige oder zu wenig
nachhaltige Landwirtschaft kann jederzeit verbessert werden. Ein
zerstörter, überbauter Boden ist für immer verloren.
Herr Heine
von der IHK ließ sich zu der Aussage hinreissen, nirgendwo in
Baden-Württemberg sei der Vorwurf von Flächenfraß so deplaziert wie in
diesem Raum, was von uns allen mit großem Staunen registriert wurde.
Hr.
Eglauer/SPD ergänzte, wir belegten den ersten Platz in der
Flächenausweisung weil in der Vergangenheit zu viel gespart worden sei.
ABü:
Zu viel gespart – das ist eine sehr subjektive Bewertung. Das
Gewerbegebiet in Salem ist innerhalb kürzester Zeit stark angewachsen.
Angesichts des drohenden Klima-Kollapses könnte man ebenso gut sagen:
Gottseidank ist nicht noch mehr versiegelt worden!
Tatsache ist
jedenfalls, dass Salem seine Möglichkeiten bis zum Ende der Laufzeit des
bisherigen Regionalplans vollumfänglich ausgeschöpft hat. – Wer kommt
da auf die Idee, dass es in der kommenden Periode bis 2035 plötzlich
anders laufen sollte?
Aussagen zum Thema Schutz unseres Klimas:
Frage
ABü: Warum wurde die Forderung aus der „Klimafibel“ (erstellt zum
Regionalplan 1996) bezüglich der freizuhaltenden Frischluftschneise
„Markdorf- Salemer Tal“ nicht berücksichtigt?
Antwort Hr. Franke:
„Wenn es eine Frischluftschneise wäre, dann kommt`s immer noch auf die
Qualität an! Wir haben die wesentlichen Frischluftachsen freigehalten.“
AB:
In der Klimafibel wurde das Salemer Tal im gleichen Atemzug mit dem
Schussental genannt, das laut Hr. Franke auf jeden Fall schützenswert
sei. Nach seiner eigenen Aussage gibt es hierzu keine neuen
Erkenntnisse.
Hr.König / FDP + Hr. Heine von der IHK Heine
forderten eine noch weitergehende Ausweisung von Industrie- und
Gewerbegebieten, um Geld zur Erreichung der teuren Klimaschutzziele zu
erwirtschaften.
ABü: Ach so! Noch eine Runde kräftig weiterzerstören, damit der Wiederaufbau noch teurer wird?? Das verstehe wer will.
Aussage zum Thema Tourismus:
Unsere Frage:
„Es gibt eine interessante Broschüre Des VTWB Bodensee:
Wirtschaftsfaktor Tourismus in der Region Bodensee, bei der die IHK
vorne auf dem Titelblatt mehrmals auftaucht. Wäre es angesichts der
Tatsache, dass Salem in der Bodenseeregion liegt und zudem ein
anerkannter Erholungsort ist, nicht äußerst sinnvoll, auch mal die
Auswirkung einer so massiven Gewerbebebauung auf Tourismus und Erholung
zu untersuchen und thematisieren?“
Herr Heine von der IHK ließ
uns wissen, dass dies keine Einschränkung mehr wäre, sondern ein
k.o.-Kriterium. Er fügte hinzu: „Wenn wir mit diesem Hinweis an die
Sache herangehen, dann können wir es gleich sein lassen!“
ABü:
Wir haben verstanden: Wenn man die Auswirkungen auf den
Wirtschaftsfaktor Tourismus ernsthaft untersuchen würde, dann wäre die
angestrebte gewerbliche Entwicklung in diesem Ausmaß überhaupt nicht
mehr möglich!
Da wir jedoch auch mit dem Tourismus und mit unserer
Erholungslandschaft Geld verdienen, stellen wir noch einmal die Frage:
Sollte man solche wesentlichen Aspekte nicht vor einer derartig einschneidenden Veränderung bedenken und abwägen?
Stark wirtschaftsfokussierte Veranstaltung von CDU/FDP und SPD- Gemeinderatsfraktionen am 30.4.2019 in Mimmenhausen / Bild Petra Karg
Den ersten Teil unseres Faktenchecks finden Sie hier.
Leserbrief zum Südkurier-Artikel vom 1.5.2019
Leserbrief zum Südkurier-Artikel vom 1.5.2019
Podium zur Gewerbeentwicklung vom 30.4.2019
Darf man eine Berichterstattung tendenziös nennen, wenn das
Drittel einer Veranstaltung, nämlich das mit den kritischen Fragen, die
die Bürger auf dem Herzen hatten, einfach weggelassen wird?
Herr Franke, der in seinem Vortrag immer wieder betonte, der
Regionalplan sei kein Wunschkonzert, hat uns genau so eines vorgetragen:
Die Wirtschaft wünscht sich mehr Flächen für Gewerbe und Industrie.
Der Bürgermeister wünscht sich mehr Flächen für Wohnbebauung.
In der Folge wünschen sich die Verkehrsplaner mehr Flächen für Straßen …
Die Energieindustrie wünscht sich Flächen für Wind- und Sonnenenergie …
Die 30 ha neues Industriegebiet sind also nicht das Ende – sondern der Beginn eines noch
gigantischeren Flächenverbrauchs.
Nicht mitwünschen dürfen die Bauern, die Tiere und Insekten, die Menschen, die hier leben
und unsere folgenden Generationen.
Eine große Überraschung war die Mitteilung, dass für ein neues so groß geplantes
Industriegebiet in jedem Fall an weitere Planungen von Straßen zwecks Anbindung Salems
an Überlingen und Friedrichshafen gedacht werden müsse.
Vor wessen Haustür werden diese neuen Straßen gebaut? Tüfingen? Mimmenhausen?
Buggensegel? Neufrach? Ahausen? Und wie groß sollen die werden? Autobahnartig?
Um den Verkehr vom See ins Hinterland (durch Salem) zu lenken?
Adee Salem?
Na Danke!
Lutz Saarmann