Der Blick nach vorn setzt den Abschied vom Gestern voraus, von überholten Strukturen und Klischees. Fortschritt ermöglichen vorbehaltlose Bündnisse.

Grünenhass scheint mir eine Generationenfrage zu sein. Ich beobachte das Phänomen vor allem bei Männern über 50, sehr oft Männer mit einem nach außen hin großen Ego. Ein paar davon sind journalistische Kollegen – bei denen ist es schade, weil der Grünenhass dazu führt, dass man mit ihnen schlecht argumentieren kann, sie werden ungenau und bequem in ihrem Denken und heizen ein eh schon überhitztes Diskursklima für billigen Applaus nur weiter an.

Ein paar davon sind auch alte Freunde – bei denen ist es auch schade, weil sie ihre Gedanken immer wieder in die gleichen Spuren gleiten lassen. Ihr Grünenhass lässt sich meistens auf anscheinend traumatische Ereignisse mit aggressiv duzenden Sozialkundelehrern irgendwann in den 1980er Jahren zurückführen, manche davon trugen auch Parka und lange Haare; und es ist etwas traurig zu sehen, wie sehr sich diese Grünenhasser hinter Klischees verschanzen, weil es immer traurig ist, wenn Menschen Barrikaden errichten zwischen sich und der Wirklichkeit.

Aber was genau ist Grünenhass? Er ist auf jeden Fall zu unterscheiden von der Grünenskepsis oder Grünenwut, die von links kommt und gerade ­wieder durch die Proteste in Lützerath neue Dynamik bekommen hat: Hier sind die Grünen ein Partner im Kampf gegen den Klimawandel, der durch Realpolitik, Regierungslogik oder Machtinteressen enttäuscht, was dann als Verrat empfunden wird – wobei dieser Pragmatismus das Gegenteil ist des Grünenhasser-Klischees, dass die Grünen eine Partei sind, die sich in Dogmatismus versteift, eine Art dauertagender evangelischer Kirchentag.

Dieses Motiv bildet, jedenfalls im journalistischen Grünenhass, ein tragikomisch wiederkehrendes Motiv – und zeigt, dass Grünenhass oft auch Selbsthass ist: Es ist in vielem die eigene Prägung durch den starken kulturellen deutschen Protestantismus, die als verstörend erlebt wird. Die Grünen werden als Projektionsfläche genutzt, um öffentlich Therapie zu zelebrieren – was politisch zu der lustigen Volte führt, dass es Antideutsche von rechts gibt, die ihren Hass auf das eigene Milieu publikumsfreundlich pflegen, jedenfalls dann, wenn es jemanden zu beleidigen gilt.