Dienstag, 24. Januar 2023

Klimaschutz: Umweltschützer verklagen Bundesregierung

Süddeutsche Zeitung hier  24. Januar 2023  Von Markus Balser und Michael Bauchmüller

Unternimmt die Ampelkoalition genug, um ihre Klimaziele einzuhalten? Die Umweltorganisation BUND bezweifelt das - und will dies nun vor Gericht erzwingen.

Wegen des Verstoßes gegen die gesetzlichen Klimaziele landet die Bundesregierung vor Gericht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat die Umweltorganisation BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland) Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gegen die Regierung eingereicht. Darin werfen die Umweltschützer mehreren Ministerien Rechtsverstöße vor. Die Klage soll sie dazu zwingen, den Klimaschutz mit Sofortprogrammen zu verschärfen.

Solche Sofortprogramme stehen im Zentrum des deutschen KlimaschutzgesetzesWerden in einem Bereich die zulässigen Emissionen überschritten, müssen die zuständigen Ministerien binnen drei Monaten ein solches Programm vorlegen; es soll die Emissionen rasch mindern. Im Jahr 2021 betraf dies das Bau- und das Verkehrsministerium. Vor allem Letzteres blieb eine wirksame Antwort allerdings schuldig. Zwar legte es einen Sechs-Punkte-Plan vor - doch ein von der Regierung eingesetzter Expertenrat wies ihn als unzureichend zurück. "Das ist kein Sofortprogramm im Sinne des Klimaschutzgesetzes", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, Brigitte Knopf, der SZ. "Darauf warten wir bis heute." Auch die Klage des BUND setzt hier an.

In der Ampelkoalition könnte die Klage den Klimastreit befeuernDie Verkehrs- und Klimapolitik soll auch Thema eines Koalitionsgipfels am Donnerstag werden. Statt den eigenen Klimakurs zu verschärfen, würde Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) allerdings lieber das Klimaschutzgesetz ändern - um dessen Anforderungen zu mildern. Die Grünen lehnen dies ab, sie pochen auf ein Sofortprogramm. Wissing müsse vorlegen, wie er die Emissionen "in seinem Bereich drastisch reduzieren kann", sagte Fraktionsvizechefin Julia Verlinden der SZ. Der Verkehrsbereich hinkt seit Langem beim Klimaschutz hinterher, die Emissionen sinken nur langsam. 2021 lag er um drei Millionen Tonnen Kohlendioxid jenseits der Zielmarke, für 2022 bahnt sich eine noch größere Verfehlung an.

Der BUND kritisiert dies scharf. "Uns rennt die Zeit davon." Kanzler Olaf Scholz, Verkehrsminister Wissing, aber auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schafften es nicht, "das Land auf Klima-Kurs zu bringen". Während Klimaproteste in der Öffentlichkeit kriminalisiert würden, halte sich die Regierung selbst nicht an Gesetze, sagt Arne Fellermann, Abteilungsleiter Klimaschutz in dem Verband.

Das Verkehrsministerium wies die Kritik zurück. Die Lücke werde in den nächsten Jahren überkompensiert, kündigte eine Sprecherin an. Sprich: Einem Zuviel an Emissionen stünde in den nächsten Jahren eine Übererfüllung der Klimaziele gegenüber. Nur: Das Gesetz sieht derzeit keine Möglichkeit vor, den Ausgleich über Jahre zu strecken. "Wir sind sehr optimistisch, dass die Klage Erfolg hat", sagt BUND-Anwältin Franziska Heß. "Denn das Klimaschutzgesetz lässt der Bundesregierung keinen Ermessensspielraum. Sie muss liefern."

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