Klartext in Salem: Faktencheck Teil 2
Aussagen zum Thema Grünzug:
Auf die Frage,
ob es denn neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse gäbe, warum ein
bestehender, geschützter Grünzug zurückgenommen werden soll (Dieser war
in der RP-Fortschreibung 1996 schließlich explizit deshalb ausgewiesen
worden, um an dieser Stelle eine weitere Bebauung auszuschließen),
antwortete Herr Franke ehrlicherweise, es gebe keine neuen Erkenntnisse –
aber es gebe andere Bedarfe.
Er behauptete – wohlgemerkt eine
persönliche Einschätzung ohne Datenbasis, die Änderung läge im
Promille-Bereich und habe keine Bedeutung für den Gesamtplan.
Zur
Begründung verriet er, dass die Ausweisung von Grünzügen im neuen Plan
mindestens im gleichen Umfang erfolge, wie wir ihn im Bestand hätten.
Die
Mehrzahl der ausgewiesenen Orte seien keine weißen Flecken mehr. Um
Flächen (für Bebauung) zu bekommen, müsse man „…in die Flächen reingehen
die geschützt sind“.
ABü: Also da kann man tatsächlich nur noch staunen.1996 wurden ausführliche Gutachten nach gesetzlichen Vorgaben erstellt und aufgrund derer dann geschützte Grünzüge ausgewiesen, die nicht bebaut werden durften.
Nun
„benötigt“ man also mehr Flächen zur Erfüllung der Bedarfe, als zur
Verfügung stehen – und beschließt daher in einem „Abwägungsprozess“,
dass der Schutz bester Böden und der Landwirtschaft (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), des Regional -Klimas (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), des Wasserhaushaltes (Vorgabe
Landesentwicklungsplan), der Kulturlandschaft etc. etc. problemlos
geopfert werden können.
Wir fragen uns: Welche Bedeutung soll
denn die Ausweisung anderer Schutzflächen haben – die offensichtlich
1996 noch nicht so schutzbedürftig waren, dass sie da auch ausgewiesen
werden mussten? Und die Tatsache, dass ein bestehender Schutz
offensichtlich jederzeit aufgehoben werden kann, wenn die Bedarfe
zunehmen (was sie ja stetig tun…) obwohl der Schutzzweck dringender denn
je ist – soll uns das wirklich überzeugen??
Aussage, Salem habe deutlich mehr Auspendler als Einpendler:
Natürlich
hat Salem mehr Auspendler als Einpendler. Die Arbeitswelt ist
allerdings wesentlich differenzierter. Salem war und ist schließlich für
viele Menschen, die in den Großfirmen von Friedrichshafen arbeiten, der
selbst gewählte Wohnort – es war die ausdrückliche Entscheidung dieser
Menschen, nicht in Immenstaad oder Friedrichshafen zu wohnen.
Eben
weil sie mehr Natur wollten oder die ländlichere Umgebung Salems
wertschätzen. Nicht umsonst wurden vor vielen Jahren Werksbusse mit Ziel
Friedrichshafen eingeführt.
Und wir fragen uns: Die
Krankenschwester, der Berufsschullehrer, der Zugführer, die Angestellte
an der Tankstelle, der Mitarbeiter im Maschinenring Deggenhausertal, …
man könnte diese Liste beliebig weiterführen: Sie sollen alle im
Gewerbegebiet Neufrach Arbeit finden?
Salem hat im Haushaltsplan
2019 7,8 Mio € Einnahmen durch Einkommensteuer verbucht – dem stehen 3,5
Mio € Einnahmen durch Gewerbesteuer entgegen.
Möglicherweise wäre mancher Neu-Einwohner nicht nach Salem gezogen, mit dem überzogenen Gewerbegebiet vor Augen.
Was
der Tourismus finanziell für Salem bedeutet, das wird nirgendwo genau
erfasst, da er sich in viele Teilbereiche aufgliedert. Dies wäre in
einer Gegend wie unserer aber doch sehr wichtig!
Immerhin haben wir 3
Attraktionen der Top 10 im Bodenseeraum auf der Gemeindefläche: Der
Affenberg (sogar unter den Top 5), Schloss Salem und der Schlosssee!
Die
Touristen besuchen die Attraktionen, ein Teil wohnt auch in Salem in
Hotels, Pensionen, vermieteten Zimmern oder im Campinghof. Viele essen
etwas im Rahmen ihrer Ausflüge, Handwerker bekommen Arbeit durch Bau-
und Sanierungsarbeiten.
Immer mehr Ausflügler sind mit dem Fahrrad unterwegs und wollen eine schöne Landschaft erleben!
Auch
im Salemer Gewerbegebiet bestehen Zeitarbeitsstellen mit wenig
attraktiver Bezahlung.Für diejenigen, die ihren Beruf nicht am Wohnort
ausüben können, muss der ÖPNV deutlich attraktiver werden, das ist eine
sinnvolle Forderung die sich daraus ergibt!
Aussagen zum Thema Schutz unserer Böden und der Landwirtschaft:
Auf
die Frage, warum beste landwirtschaftliche Böden der Vorrangstufe nicht
geschützt würden, antwortete Hr. Franke: „Wir können in
verantwortungsvoller Abwägung nicht jeden Acker schützen“. Diese Aussage
erscheint uns angesichts der sehr beschränkt vorkommenden Böden der
Vorrangstufe im Regionalgebiet fast schon als zynisch.
Hr. Eglauer/ SPD schob nach: „Guter Boden heißt noch lange nicht nachhaltige Landwirtschaft“.
ABÜ:
Natürlich heißt es das nicht, aber eine nicht nachhaltige oder zu wenig
nachhaltige Landwirtschaft kann jederzeit verbessert werden. Ein
zerstörter, überbauter Boden ist für immer verloren.
Herr Heine
von der IHK ließ sich zu der Aussage hinreissen, nirgendwo in
Baden-Württemberg sei der Vorwurf von Flächenfraß so deplaziert wie in
diesem Raum, was von uns allen mit großem Staunen registriert wurde.
Hr.
Eglauer/SPD ergänzte, wir belegten den ersten Platz in der
Flächenausweisung weil in der Vergangenheit zu viel gespart worden sei.
ABü:
Zu viel gespart – das ist eine sehr subjektive Bewertung. Das
Gewerbegebiet in Salem ist innerhalb kürzester Zeit stark angewachsen.
Angesichts des drohenden Klima-Kollapses könnte man ebenso gut sagen:
Gottseidank ist nicht noch mehr versiegelt worden!
Tatsache ist
jedenfalls, dass Salem seine Möglichkeiten bis zum Ende der Laufzeit des
bisherigen Regionalplans vollumfänglich ausgeschöpft hat. – Wer kommt
da auf die Idee, dass es in der kommenden Periode bis 2035 plötzlich
anders laufen sollte?
Aussagen zum Thema Schutz unseres Klimas:
Frage
ABü: Warum wurde die Forderung aus der „Klimafibel“ (erstellt zum
Regionalplan 1996) bezüglich der freizuhaltenden Frischluftschneise
„Markdorf- Salemer Tal“ nicht berücksichtigt?
Antwort Hr. Franke:
„Wenn es eine Frischluftschneise wäre, dann kommt`s immer noch auf die
Qualität an! Wir haben die wesentlichen Frischluftachsen freigehalten.“
AB:
In der Klimafibel wurde das Salemer Tal im gleichen Atemzug mit dem
Schussental genannt, das laut Hr. Franke auf jeden Fall schützenswert
sei. Nach seiner eigenen Aussage gibt es hierzu keine neuen
Erkenntnisse.
Hr.König / FDP + Hr. Heine von der IHK Heine
forderten eine noch weitergehende Ausweisung von Industrie- und
Gewerbegebieten, um Geld zur Erreichung der teuren Klimaschutzziele zu
erwirtschaften.
ABü: Ach so! Noch eine Runde kräftig weiterzerstören, damit der Wiederaufbau noch teurer wird?? Das verstehe wer will.
Aussage zum Thema Tourismus:
Unsere Frage:
„Es gibt eine interessante Broschüre Des VTWB Bodensee:
Wirtschaftsfaktor Tourismus in der Region Bodensee, bei der die IHK
vorne auf dem Titelblatt mehrmals auftaucht. Wäre es angesichts der
Tatsache, dass Salem in der Bodenseeregion liegt und zudem ein
anerkannter Erholungsort ist, nicht äußerst sinnvoll, auch mal die
Auswirkung einer so massiven Gewerbebebauung auf Tourismus und Erholung
zu untersuchen und thematisieren?“
Herr Heine von der IHK ließ
uns wissen, dass dies keine Einschränkung mehr wäre, sondern ein
k.o.-Kriterium. Er fügte hinzu: „Wenn wir mit diesem Hinweis an die
Sache herangehen, dann können wir es gleich sein lassen!“
ABü:
Wir haben verstanden: Wenn man die Auswirkungen auf den
Wirtschaftsfaktor Tourismus ernsthaft untersuchen würde, dann wäre die
angestrebte gewerbliche Entwicklung in diesem Ausmaß überhaupt nicht
mehr möglich!
Da wir jedoch auch mit dem Tourismus und mit unserer
Erholungslandschaft Geld verdienen, stellen wir noch einmal die Frage:
Sollte man solche wesentlichen Aspekte nicht vor einer derartig einschneidenden Veränderung bedenken und abwägen?
Stark wirtschaftsfokussierte Veranstaltung von CDU/FDP und SPD- Gemeinderatsfraktionen am 30.4.2019 in Mimmenhausen / Bild Petra Karg
Den ersten Teil unseres Faktenchecks finden Sie hier.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen