Mittwoch, 1. Mai 2019

Faktencheck 2

 Klartext in Salem: Faktencheck Teil 2

Den ersten Teil unseres Faktenchecks finden Sie hier.

Aussagen zum Thema Grünzug:

Auf die Frage, ob es denn neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse gäbe, warum ein bestehender, geschützter Grünzug zurückgenommen werden soll (Dieser war in der RP-Fortschreibung 1996 schließlich explizit deshalb ausgewiesen worden, um an dieser Stelle eine weitere Bebauung auszuschließen), antwortete Herr Franke ehrlicherweise, es gebe keine neuen Erkenntnisse – aber es gebe andere Bedarfe.

Er behauptete – wohlgemerkt eine persönliche Einschätzung ohne Datenbasis, die Änderung läge im Promille-Bereich und habe keine Bedeutung für den Gesamtplan.
Zur Begründung verriet er, dass die Ausweisung von Grünzügen im neuen Plan mindestens im gleichen Umfang erfolge, wie wir ihn im Bestand hätten.
Die Mehrzahl der ausgewiesenen Orte seien keine weißen Flecken mehr. Um Flächen (für Bebauung) zu bekommen, müsse man „…in die Flächen reingehen die geschützt sind“.

ABü: Also da kann man tatsächlich nur noch staunen.1996 wurden ausführliche Gutachten nach gesetzlichen Vorgaben erstellt und aufgrund derer dann geschützte Grünzüge ausgewiesen, die nicht bebaut werden durften.

Nun „benötigt“ man also mehr Flächen zur Erfüllung der Bedarfe, als zur Verfügung stehen – und beschließt daher in einem „Abwägungsprozess“, dass der Schutz bester Böden und der Landwirtschaft (Vorgabe Landesentwicklungsplan), des Regional -Klimas (Vorgabe Landesentwicklungsplan), des Wasserhaushaltes (Vorgabe Landesentwicklungsplan), der Kulturlandschaft etc. etc. problemlos geopfert werden können.

Wir fragen uns: Welche Bedeutung soll denn die Ausweisung anderer Schutzflächen haben – die offensichtlich 1996 noch nicht so schutzbedürftig waren, dass sie da auch ausgewiesen werden mussten? Und die Tatsache, dass ein bestehender Schutz offensichtlich jederzeit aufgehoben werden kann, wenn die Bedarfe zunehmen (was sie ja stetig tun…) obwohl der Schutzzweck dringender denn je ist – soll uns das wirklich überzeugen??

Aussage, Salem habe deutlich mehr Auspendler als Einpendler:

Natürlich hat Salem mehr Auspendler als Einpendler. Die Arbeitswelt ist allerdings wesentlich differenzierter. Salem war und ist schließlich für viele Menschen, die in den Großfirmen von Friedrichshafen arbeiten, der selbst gewählte Wohnort – es war die ausdrückliche Entscheidung dieser Menschen, nicht in Immenstaad oder Friedrichshafen zu wohnen.
Eben weil sie mehr Natur wollten oder die ländlichere Umgebung Salems wertschätzen. Nicht umsonst wurden vor vielen Jahren Werksbusse mit Ziel Friedrichshafen eingeführt.
Und wir fragen uns: Die Krankenschwester, der Berufsschullehrer, der Zugführer, die Angestellte an der Tankstelle, der Mitarbeiter im Maschinenring Deggenhausertal, … man könnte diese Liste beliebig weiterführen: Sie sollen alle im Gewerbegebiet Neufrach Arbeit finden?

Salem hat im Haushaltsplan 2019 7,8 Mio € Einnahmen durch Einkommensteuer verbucht – dem stehen 3,5 Mio € Einnahmen durch Gewerbesteuer entgegen.
Möglicherweise wäre mancher Neu-Einwohner nicht nach Salem gezogen, mit dem überzogenen Gewerbegebiet vor Augen.

Was der Tourismus finanziell für Salem bedeutet, das wird nirgendwo genau erfasst, da er sich in viele Teilbereiche aufgliedert. Dies wäre in einer Gegend wie unserer aber doch sehr wichtig!
Immerhin haben wir 3 Attraktionen der Top 10 im Bodenseeraum auf der Gemeindefläche: Der Affenberg (sogar unter den Top 5), Schloss Salem und der Schlosssee!
Die Touristen besuchen die Attraktionen, ein Teil wohnt auch in Salem in Hotels, Pensionen, vermieteten Zimmern oder im Campinghof. Viele essen etwas im Rahmen ihrer Ausflüge, Handwerker bekommen Arbeit durch Bau- und Sanierungsarbeiten.
Immer mehr Ausflügler sind mit dem Fahrrad unterwegs und wollen eine schöne Landschaft erleben!

Auch im Salemer Gewerbegebiet bestehen Zeitarbeitsstellen mit wenig attraktiver Bezahlung.Für diejenigen, die ihren Beruf nicht am Wohnort ausüben können, muss der ÖPNV deutlich attraktiver werden, das ist eine sinnvolle Forderung die sich daraus ergibt!

Aussagen zum Thema Schutz unserer Böden und der Landwirtschaft:

Auf die Frage, warum beste landwirtschaftliche Böden der Vorrangstufe nicht geschützt würden, antwortete Hr. Franke: „Wir können in verantwortungsvoller Abwägung nicht jeden Acker schützen“. Diese Aussage erscheint uns angesichts der sehr beschränkt vorkommenden Böden der Vorrangstufe im Regionalgebiet fast schon als zynisch.
Hr. Eglauer/ SPD schob nach: „Guter Boden heißt noch lange nicht nachhaltige Landwirtschaft“.

ABÜ: Natürlich heißt es das nicht, aber eine nicht nachhaltige oder zu wenig nachhaltige Landwirtschaft kann jederzeit verbessert werden. Ein zerstörter, überbauter Boden ist für immer verloren.

Herr Heine von der IHK ließ sich zu der Aussage hinreissen, nirgendwo in Baden-Württemberg sei der Vorwurf von Flächenfraß so deplaziert wie in diesem Raum, was von uns allen mit großem Staunen registriert wurde.
Hr. Eglauer/SPD ergänzte, wir belegten den ersten Platz in der Flächenausweisung weil in der Vergangenheit zu viel gespart worden sei.

ABü: Zu viel gespart – das ist eine sehr subjektive Bewertung. Das Gewerbegebiet in Salem ist innerhalb kürzester Zeit stark angewachsen. Angesichts des drohenden Klima-Kollapses könnte man ebenso gut sagen: Gottseidank ist nicht noch mehr versiegelt worden!
Tatsache ist jedenfalls, dass Salem seine Möglichkeiten bis zum Ende der Laufzeit des bisherigen Regionalplans vollumfänglich ausgeschöpft hat. – Wer kommt da auf die Idee, dass es in der kommenden Periode bis 2035 plötzlich anders laufen sollte?

Aussagen zum Thema Schutz unseres Klimas: 

Frage ABü: Warum wurde die Forderung aus der „Klimafibel“ (erstellt zum Regionalplan 1996) bezüglich der freizuhaltenden Frischluftschneise „Markdorf- Salemer Tal“ nicht berücksichtigt?
Antwort Hr. Franke: „Wenn es eine Frischluftschneise wäre, dann kommt`s immer noch auf die Qualität an! Wir haben die wesentlichen Frischluftachsen freigehalten.“

AB: In der Klimafibel wurde das Salemer Tal im gleichen Atemzug mit dem Schussental genannt, das laut Hr. Franke auf jeden Fall schützenswert sei. Nach seiner eigenen Aussage gibt es hierzu keine neuen Erkenntnisse.

Hr.König / FDP + Hr. Heine von der IHK Heine forderten eine noch weitergehende Ausweisung von Industrie- und Gewerbegebieten, um Geld zur Erreichung der teuren Klimaschutzziele zu erwirtschaften.

ABü: Ach so! Noch eine Runde kräftig weiterzerstören, damit der Wiederaufbau noch teurer wird?? Das verstehe wer will.

Aussage zum Thema Tourismus:

Unsere Frage: „Es gibt eine interessante Broschüre Des VTWB Bodensee: Wirtschaftsfaktor Tourismus in der Region Bodensee, bei der die IHK vorne auf dem Titelblatt mehrmals auftaucht. Wäre es angesichts der Tatsache, dass Salem in der Bodenseeregion liegt und zudem ein anerkannter Erholungsort ist, nicht äußerst sinnvoll, auch mal die Auswirkung einer so massiven Gewerbebebauung auf Tourismus und Erholung zu untersuchen und thematisieren?“

Herr Heine von der IHK ließ uns wissen, dass dies keine Einschränkung mehr wäre, sondern ein k.o.-Kriterium. Er fügte hinzu: „Wenn wir mit diesem Hinweis an die Sache herangehen, dann können wir es gleich sein lassen!“

ABü: Wir haben verstanden: Wenn man die Auswirkungen auf den Wirtschaftsfaktor Tourismus ernsthaft untersuchen würde, dann wäre die angestrebte gewerbliche Entwicklung in diesem Ausmaß überhaupt nicht mehr möglich!
Da wir jedoch auch mit dem Tourismus und mit unserer Erholungslandschaft Geld verdienen, stellen wir noch einmal die Frage: Sollte man solche wesentlichen Aspekte nicht vor einer derartig einschneidenden Veränderung bedenken und abwägen?

Stark wirtschaftsfokussierte Veranstaltung von CDU/FDP und SPD- Gemeinderatsfraktionen am 30.4.2019 in Mimmenhausen / Bild Petra Karg

Den ersten Teil unseres Faktenchecks finden Sie hier.

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