Sonntag, 14. November 2021

Der Unsinn von der teuren Klimarettung

Spiegel  hier    Eine Kolumne von Thomas Fricke

Auszüge in blau

Der Abschied aus der fossilen Welt verläuft quälend langsam. Das liegt auch an deprimierenden Katastrophen-Narrativen – dabei wird die CO₂-neutrale Welt viel billiger, als manche predigen.

Neuere Studien lassen sogar vermuten, dass die Rettung des Klimas finanziell sogar recht attraktiv und preiswert werden könnte – mal ganz abgesehen davon, dass uns (teure) Klimakatastrophen dann erspart bleiben.

Dass Klimapolitik bis dato noch als »ganz schön teuer« gilt, kommt zum einen von etablierten Ökonomen, die seit jeher predigen, das zentrale Rezept zur Weltenrettung sei nun einmal, dass zur Abschreckung die Preise für alles steigen müssten, was klimaschädlich sei. Weshalb es einen Emissionshandel oder gesetzlich steigende CO₂-Steuern geben solle – mit der Folge, logisch, dass Dinge wie Benzin oder Heizen für die Verbraucher teurer würden. Ebenso wie für die Industrie, die in vielen Fällen ihre Produktion auch noch umstellen muss. Was auch Geld erst einmal kostet, klar.

Zum anderen wird die Klimarettung gern als teuer markiert, weil der Staat eben viel Geld in, sagen wir, Wasserstoff-Transportwege, Elektroladesäulen oder Hilfen zur Dämmung von Häusern stecken muss. Und das ja auch irgendwer bezahlen muss.

Wirklich? Schon nach gängigem Ökonomieverständnis sind erhöhte CO₂-Preise ja ein (vorübergehendes) Mittel zum Zweck – also dazu da, dass möglichst bald CO₂-ärmer und somit günstiger konsumiert und produziert wird. Demnach wird es also nur in der Übergangszeit teurer. Und vieles spricht mittlerweile sogar dafür, dass selbst der zwischenzeitliche Maso-Trip nicht sein muss.

Wie eine Gruppe britischer Ökonomen in einer neuen Studie darlegt, ist in der Vergangenheit fast immer drastisch unterschätzt worden, wie schnell gerade bei erneuerbaren Energien die Preise nach Markteinführung fielen. So seien die Kosten für Solarenergie in den vergangenen 20 Jahren etwa sechsmal stärker gefallen, als es gängige Modelle wie die der Internationalen Energieagentur vorhergesagt hatten. Ähnliches gelte für Offshore-Windenergie, die vor einiger Zeit noch als zu teuer galt – und mittlerweile den größten Teil der Dekarbonisierung in Großbritannien ausmache. Oder für LED-Leuchten, deren Preise um 85 Prozent gefallen seien; dadurch wurde aus der teuersten die billigste Technologie. Und die Energierechnung sei jetzt günstiger als vorher.

Wieso? Nach Diagnose der Experten stecke hinter den unterschätzten Preisrückgängen ein überholtes Verständnis von (teurer) Innovation. In Wirklichkeit habe die beschleunigte Verbreitung gerade bei den Erneuerbaren rapide Kostensenkungen mit sich gebracht – weil Massenfertigung per se günstiger ist, sich zunehmend Lerneffekte bemerkbar machten oder die zunehmende Nachfrage irgendwann dazu animiert, mehr Geld in Innovation zu stecken.......

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Gruppe Experten aus Brüssel: Demnach deutet sich schon jetzt eine kleine Revolution bei der Herstellung von bisher noch sehr schweren Batterien an – und ein Rückgang der Preise um 60 Prozent bis 2030. Hinzu komme, dass die neuen E-Autos bald noch viel stärker auf speziellen Plattformen hergestellt würden – und auch das die Kosten noch einmal stark reduzieren werde: um 10 bis 30 Prozent.

Dass es sich in einer klimaschonenden Welt womöglich gar nicht teurer, sondern günstiger leben lässt, könnte auch für den Bezug von Strom gelten – weil erneuerbare Energien auf Dauer per se weniger kosten als konventionelle. Auf derart entlastende Effekte lässt auch die kürzlich erschienene Auswertung der Ökonomin Beatrice Weder di Mauro schließen, laut der auf höhere CO₂-Steuern in den untersuchten historischen Fallbeispielen eher eine nachlassende Inflation folgt. Eben weil Industrie und Verbraucher darauf reagieren. Auch das spricht gegen das Gebrabbel von der teuren Klimarettung....


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