Aus Perspektive der Initiative für einen zukunftsfähigen Regionalplan zeigen die Presse-Aussagen der Befürworter des aktuellen Regionalplans in den letzten Tagen auf, wie wenig geeignet Kommunal- und Regionalpolitik auf der Ebene der Regionalplanung sind, um den umweltpolitischen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Sie zeigen leider auch auf, dass mit enormer Aggressivität Polarisierung und Diffamierung betrieben wird, um die politische Mehrheit im Ländle zu erhalten, was bisher auch immer gut funktioniert hat.
Selbstverständlich sind die Belange der einzelnen Bürger*innen, sprich zum Beispiel der bauwilligen jungen Familien zu berücksichtigen und haben ihre Berechtigung. Auch dass die Menschen der Region weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können sollen indem ausreichen Arbeitsplätze vorhanden sind, ist unbenommen. Wir haben nur in den letzten Jahrzehnten im Ländle genauso wie in Deutschland und Europa und weltweit deutlich über unsere Verhältnisse hinaus gewirtschaftet, sodass wir aktuell im Begriff sind, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Deshalb wurden wertvolle politische Beschlüsse wie das 1,5 Grad-Ziel oder die 30 Hektar täglichen Flächenverbrauchs in Deutschland gefasst, auch auf Landesebene gelten Klimaschutz-, Naturschutz- und Bodenschutzgesetze. Sie sind bloß auf die regionalen und kommunalen Ebenen noch nicht „übersetzt“ und heruntergebrochen worden, und das nutzen die Verantwortlichen der Planung aus, um so weiter zu wirtschaften wie bisher, und das führt weiter hinein in die Klima- und Umweltkrise. Das Aktionsbündnis fordert also sozusagen einen Kamikaze-Stillstand!-)
Denn nachhaltig und gut zu leben ist wunderbar möglich. Umweltverbände, Unternehmen alternativer Lebensmittelproduktion, Initiativen für eine solidarische, nachhaltige Landwirtschaft und verschiedene Wohnprojekte zeigen schon seit Jahrzehnten auf, dass man stattdessen auch umweltverträglich und nachhaltig leben und wirtschaften kann. Für die Regional-Planung heißt das, die Flächenausweisung auf 1250Hektar zu begrenzen, ausreichend günstige Wohnmöglichkeiten bereitzustellen und Innenentwicklung und Verdichtung voranzutreiben. Es könnten mit Köpfchen und Kreativität Wohnformen möglich gemacht werden, in der Individualität und Gemeinsinn gleichzeitig gelebt werden können. Eine Neuauflage traditioneller Dorfstrukturen ist denkbar, kombiniert mit modernen Arbeitswelten von zuhause aus oder im aufgestockten Büro über der Betriebs-Werkstatt mit kurzen Wegen per ÖPNV oder Fahrrad zu Arbeit und Versorgung. Nachzulesen zum Beispiel in der umfangreichen Stellungnahme der Naturschutzverbände zum Regionalplan.
Im jüngst erschienenen Gutachten der Scientist4Future Oberschwaben haben Wissenschaftler*innen der Region genau diese Zahl ausgerechnet: 1250Hektar höchstens wäre nachhaltig. Geplant wird etwa das Doppelte, andere Planungsebenen wie z.B. nach §13b noch nicht mitgerechnet. Im Boden, den der aktuelle Regionalplan-Entwurf verbrauchen will, sind eine halbe Million Tonnen CO2 gespeichert, das entspricht etwa einem Zehntel des Jahresverbrauchs an CO2 der Region. Um Klimaschutz- Umweltschutz und Nachhaltigkeitsziele wirksam umzusetzen und damit unsere Lebensgrundlagen zu erhalten, brauchen wir nicht nur unsere wertvollen Böden sondern auch eine Verkehrswende, die im Regionalplan bisher so gut wie nicht vorgesehen ist, und insgesamt ein grundlegendes Umdenken, alle gemeinsam.
Dass die geschützten Flächen in der Region Bodensee-Oberschwaben bisher nicht ausreichen, zeigt der massive Rückgang der Insekten- und Vogelpopulation auch bei uns. Beim Kiebitz zum Beispiel ist der Bestand um 90% zurückgegangen!
Barbara Herzig
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