Focus hier Montag, 28.11.2022
Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Verbänden und Organisationen im Südwesten hat die Zweifel von Ministerpräsident Winfried Kretschmann an den selbstgesteckten Klimazielen im Verkehrssektor scharf kritisiert und mehr Mittel für die Verkehrswende gefordert. «Was nützt das 49-Euro-Ticket, wenn der Bus nicht fährt!», teilte Romeo Edel, Sprecher der «Allianz Mobilitätswende», am Montag mit. Er kritisierte insbesondere, dass Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) die Mittel für die sogenannte Mobilitätsgarantie im Landeshaushalt 2023/24 gestrichen habe.
Die «Allianz Mobilitätswende» wurde 2020 gegründet und vertritt seither Klimaschutzpositionen in der Verkehrspolitik. Beteiligt an dem Bündnis sind unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Landesnaturschutzverband, der BUND und die Deutsche Umwelthilfe. «Angesichts der unsicheren Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ist es absolut unverantwortlich, bei der Verkehrswende den Rückwärtsgang einzulegen», sagte ein weiterer Sprecher der Allianz, Jobst Kraus.
Baden-Württembergs Ministerpräsident hatte vor wenigen Tagen Zweifel geäußert, dass die ehrgeizigen Klimaziele im Bereich Verkehr bis 2030 erreicht werden können. «Man kriegt eben nicht alles auf einmal hin», hatte der Regierungschef gesagt. Da man das geplante 49-Euro-Ticket als Land mitfinanzieren müsse, müsse man woanders Abstriche machen. Im Etat für die Jahre 2023/2024 gibt es kein Geld für die von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ab 2026 geplante Mobilitätsgarantie. Hierfür sollten eigentlich die öffentlichen Verkehrsmittel vor allem auf dem Land stark ausgebaut werden. Die im Koalitionsvertrag geplante «Mobilitätsgarantie» sieht vor, dass alle Orte im Südwesten von 5.00 Uhr früh bis Mitternacht mit dem ÖPNV erreichbar sein sollen.
Um seine Klimaziele zu erreichen, müsste das Land die Treibhausgase im Verkehr innerhalb von sieben Jahren um 55 Prozent verringern. Zuletzt sind die CO2-Emissionen im Verkehr aber sogar gestiegen.
Die Pressemitteilung der Allianz Mobilitätswende vom 28.11.2022 hier
Torpedierung der Klimaschutzziele des Landes – wie die grün-schwarze Landesregierung die Mobilitätswende ausbremst
Aufs Schärfste kritisiert die Allianz Mobilitätswende für Baden-Württemberg (MoWA) die Streichung der Mittel für die Mobilitätsgarantie im Landeshaushalt 2023/24. „Was nützt das 49-Euro-Ticket, wenn der Bus nicht fährt!“, stellt Romeo Edel fest, Sprecher der Allianz Mobilitätswende für Baden-Württemberg.
„Ausgerechnet im ländlichen Raum wird die Axt angesetzt“.
Die MoWA, das breite gesellschaftliche Bündnis der Landesverbände von VCD, ADFC, BUND, Naturfreunden, DGB, Deutsche Umwelthilfe und vielen weiteren Verbänden und Unternehmen wurde im Jahr 2020 gegründet und vertritt seither gemeinsam Klimaschutzpositionen in der Verkehrspolitik.
„Eine Milliarde Euro mehr – für Bahn, Bus, Rad- und Fußverkehr.“
Mit diesem Slogan ist die Allianz vor der Landtagswahl 2021 an viele Kandidierende mit der Forderung herangetreten die finanziellen Mittel für eine Verkehrswende deutlich zu erhöhen. Noch vergangenes Jahr einigten sich Grüne und CDU des Landes auf konsequenten Klimaschutz: „Baden-Württemberg geht beim Klimaschutz voran und setzt durch ambitionierte Ziele neue Maßstäbe. Bereits bis 2040, also fünf Jahre früher als der Bund und zehn Jahre früher als die EU, wollen wir Klimaneutralität erreichen“.
Die Realität sieht anders aus. Vor wenigen Tagen urteilte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, dass die Landesregierung seit 2020 gegen ihr eigenes Klimaschutzgesetz verstößt, indem sie sich weigert, ein sogenanntes „Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept“ vorzulegen. Der Urteilsspruch ist noch nicht veröffentlicht, da macht die Landesregierung die nächsten Schritte zu einem Bruch der Klimagesetze, dieses Mal im Verkehrssektor.
„Man kriegt eben nicht alles auf einmal hin“, wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann in einer dpa-Meldung zitiert. Die Gelder für den Ausbau eines verlässlichen, im ländlichen Raum mindestens stündlich verkehrenden Nahverkehrs zwischen 5 Uhr und Mitternacht wurden vom grünen Finanzminister Danyal Bayaz aus dem Doppelhaushalt 2023/24 herausgestrichen. Auf Druck vom Ministerpräsidenten und dem Koalitionspartner musste Verkehrsminister Winfried Hermann seine ehrgeizigen Ziele in den Eckpunkten zum Landeskonzept Mobilität und Klima abschwächen. So wollte der Grünen-Politiker die Ziele „jedes zweite Auto fährt klimaneutral“ bis 2030 und „jede zweite Tonne fährt klimaneutral“ im Güterverkehr im Konzept unterbringen. Außerdem drang Hermann vergeblich darauf, die Vorgabe „ein Fünftel weniger Kfz-Verkehr in Stadt und Land“ zu verankern.
Um seine Klimaziele zu erreichen, müsste das Land die Treibhausgase im Verkehr innerhalb von sieben Jahren um 55 Prozent verringern. Kaum hat der Verkehrsminister diesen Rückschlag verdaut, werden jetzt sogar die Klimaziele im Verkehrsbereich insgesamt in Frage gestellt: Ministerpräsident Kretschmann zweifelt daran, dass die ehrgeizigen Klimaziele im Bereich Verkehr bis 2030 erreicht werden können. Da das Land das 49-Euro-Ticket mitfinanzieren müsse, sei man zu Abstrichen beim Klimaschutz gezwungen (dpa, 22.11.22).
Nachdem er schon im Windbereich das Ziel, 1000 Windkraftanlagen zu errichten, als unrealistisch einkassiert hat, verliert der Ministerpräsident mit dieser Ankündigung weiter an Glaubwürdigkeit, das Klimaziel 2040, wie angekündigt, zu erreichen.
Anders als der grüne Finanzminister Danyal Bayaz vorgibt, ist das Geld nach Meinung der MoWA vorhanden bzw. können neue Geldquellen erschlossen werden. Allein in der Region Stuttgart werden nach dem Bundesverkehrswegeplan Straßen für ca. 1 Mrd. Euro gebaut oder sind geplant.
Daher fordern viele Umweltverbände ein sofortiges Moratorium im Straßenbau einen Mobilitätspass, damit das 49-Euro-Ticket finanziert werden kann „Angesichts der unsicheren Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ist es absolut unverantwortlich, bei der Verkehrswende den Rückwärtsgang einzulegen,“ so MoWA-Sprecher Jobst Kraus.
Wenn die CDU einerseits fast alle Ziele von Verkehrsminister Hermann kassiert und sich dann «irritiert» über Kretschmanns Zweifel an Klimazielen äußert (dpa, 23.11.22), dann ist das Heuchelei. Die Öffentlichkeit wird über die wahren Sachverhalte getäuscht.
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