RND hier Maximilian König 11.02.2025,
Sie bauen, wo Menschen versagen: Sind Biber die klügeren Ingenieure?
Einsatz im Hochwasser- und Klimaschutz: In einem tschechischen Landschaftsschutzpark schuf eine Biberfamilie mit einem Staudamm ein neues Feuchtgebiet
In Tschechien bauten Biber Staudämme im Wert von 1,2 Millionen Euro. Sollte man sich ihre Expertise besser zunutze machen? Ein gezielter Einsatz von Bibern sei möglich, sagt der Nabu. Projekte weltweit zeigen, „dass der Biber das viel günstiger und effektiver macht“.
Der Mensch setzt Tiere schon immer so ein, wie es ihm passt: auf dem Acker, als Lastträger und Mastvieh. Nun könnte ein neues, technisch anspruchsvolles Feld hinzukommen: der Dammbau.
In einem tschechischen Landschaftsschutzpark empfahl eine Biberfamilie ihre Art für Höheres. Durch ihre Staudämme schufen sie ein Feuchtgebiet und belebten so die erschlaffte Natur auf dem früheren Truppenübungsplatz. Das Ziel des Dammbaus verfolgt die Verwaltung dort bereits seit sechs Jahren: Es ging um Genehmigungen, das Wasserrecht, Fördergelder. Viel Bürokratie also.
Nun sorgte der Biber nebenbei für Tatsachen und stellte so die Behörden bloß: Ein Biber könne in einer Nacht bauen, wofür der Mensch mit einem Bagger eine Woche brauche, schwärmt der selige Parkleiter. Er schätzt die Ersparnis auf satte 1,2 Millionen Euro. Die mühsam erkämpfte Baugenehmigung ist nun obsolet, das Renaturierungsprojekt besser als erhofft gelungen.
Bravo, Biber! Und ein Modell für die Zukunft?
100 Meter lange Biberdämme
Geht es nach Marcus Orlamünder, Naturschutzreferent beim Nabu, sind die Nager prädestiniert für den Umwelt- und Klimaschutz. Wenn das Wasser ausreicht und Nahrung vorhanden ist, würden sie „positive Leistungen“ erbringen. Ihre Dämme halten das Wasser in der Landschaft zurück und sorgen dafür, dass neues Grundwasser entsteht. Im Leistungskatalog des Bibers per se inklusive: mehr Biodiversität, weil die so angelegten Biberteiche etwa Fische, Wasservögel, Insekten oder Pflanzen anziehen. Erst durch die Dämme kann der Biber das Revier in kleineren Gewässern besiedeln.
Die Arbeitsbedingungen sind leicht zu erfüllen: Die fleißigen Baumsäbler benötigen einen Mindestwasserstand von rund einem Meter in ihrem Tätigkeitsfeld. Dann können sie im Schnitt etwa einen Meter hohe und bis zu zehn Meter lange Dämme errichten, bei einem beachtlichen Baufortschritt. In Bayern schufen sie einen zwölf Meter langen Damm in rund drei Wochen, manche Dämme in Deutschland ziehen sich über 100 Meter. Biber bauen nachts, der Lärm hält sich in Grenzen.
Dammbau ist Familiensache
Marcus Orlamünder, Naturschutzreferent beim Nabu Thüringen
Dabei ist Schichtarbeit gefragt: Zunächst befestigen sie Äste wie einen Rechen am Gewässergrund. Darauf schieben sie Laub, Schlamm und Zweige, Schicht für Schicht. Während die langen Stämme zum Knabbern da sind, arbeitet der Biber lieber mit kleinen, handlichen Ästen. Seine Vorderpfoten kann er dabei wie Hände benutzen, sogar Materialien ineinander verflechten. In der Schweiz entstanden so bereits Dämme von bis zu vier Metern Höhe.
Dazu sind Biber vorbildliche Familienunternehmer: Meist arbeiten die Eltern mit den Jungtieren in Bautrupps von vier bis fünf Tieren im Revier zusammen. Die Ingenieurskunst ist dabei Chefsache: Die erfahrenen Altbiber kümmerten sich um den Großteil der bis zu zehn bis 20 Dämme im Revier, sagt Biberexperte Orlamünder. „Dammbau ist Familiensache.“
Der Biber als Klimaschützer
Seiner Einschätzung nach wäre es durchaus möglich, ein Biberpaar mit einer Lebendfalle zu fangen und in ein geeignetes Biotop zu bringen, welches renaturiert werden soll. Dabei haben die Dammhandwerker schon einige Referenzen vorzuweisen. So hat man den Biber im Südwesten der USA angesiedelt, wo es immer trockener wird und Waldbrände zunehmen, berichtet Orlamünder. Während die Versuche des Menschen misslangen, Gewässer mittels Betonmauern zu stauen, „ist man drauf gekommen, dass der Biber das viel günstiger und effektiver macht“. In der Mongolei wird er seit 2014 angesiedelt, um Flusswasser zurückzuhalten, auch an der Grenze zwischen England und Wales bürgerte man den Biber 2018 wieder ein. In Thüringen gab es Fälle, wo eine durch Starkregen entstandenen Hochwasserwelle durch mehrere Biberdämme abgebremst wurde.
„Wir müssen die Klimaveränderung einkalkulieren,
Da kann der Biber ein Schlüssel sein.
Wenn viel Wasser da ist, bremst er es ab.
Wenn wenig Wasser da ist, hält er es in der Landschaft zurück.“
Wenn viel Wasser da ist, bremst er es ab.
Wenn wenig Wasser da ist, hält er es in der Landschaft zurück.“
sagt Orlamünder.
Orlamünder spricht in Bezug auf den Dammbau auch von einem „Mehrgenerationenprojekt“: „Der Biber ist dadurch erfolgreich, dass er seine Immobilien selber in Schuss hält. Die Dämme und Biberburgen werden gepflegt und unterhalten von der Familie, das sichert ihm das Überleben.“
Eine Gestaltungskraft, die im Übrigen mehr als 15 Millionen Jahre alt ist. Und die dennoch bei manchen Landwirten für Überdruss sorgt, wenn durch die Staudämme ihre Äcker geflutet werden und sich Staunässe bildet. Nachdem der Mensch den Biber im 19. Jahrhundert fast ausgerottet hat, ist die Population in Deutschland auf etwa 40.000 Tiere angewachsen, die Art ist streng geschützt. Und das soll so bleiben, sagt Orlamünder: „Der Nutzen des Bibers übersteigt den vermeintlichen Schaden um ein Vielfaches.“
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