Mittwoch, 24. Januar 2024

Anti-AfD-Proteste: Klimagerechtigkeit – gerade jetzt!

Sabine meint: Das Engagement gegen die AfD - die mittlerweile als Synonym für Faschismus steht - ist Teil (und in mancher Hinsicht Voraussetzung) für die Erreichung unseres Ziels der Klimagerechtigkeit.

Der verlinkte Artikel bringt das deutlicher auf den Punkt als das folgende Zitat aus dem Text es kann:

"Das Programm der AfD ist Anti-Klimagerechtigkeit: Klimawandel leugnen, die verursachenden Reichen schützen, die besonders Betroffenen noch weiter ausgrenzen. Eine solche Spaltung ist selbst für reiche und privilegierte Menschen eine Wette, die am Ende verloren gehen wird. Für die meisten Menschen auf unserer Erde ist der Niedergang mit diesem Ansatz sicher. Solidarische Netzwerke bringen uns durch Krisen – die AfD zerschlägt diese Solidarität für den kurzfristigen Nutzen einiger weniger Menschen."

Die Solidarität aller Gruppen, die sich gegen den Faschismus positionieren und/oder für Klimagerechtigkeit streiten, sollte jetzt gelebt werden. Denn nur gemeinsam sind wir stark genug für die notwendigen Veränderungen.

hier  VON GEORG SAUERWEIN , 22. JANUAR 2024

Die Proteste gegen die AfD und rechtsradikale Politik zeigen: Klimagerechtigkeit ist das Konzept der Stunde.  
Ein Gastbeitrag von Georg Sauerwein, der sich bei „Christians for Future“ engagiert.
Georg Sauerwein ist Theologe und Physiker, momentan Doktorand in katholischer Theologie an der Universität Innsbruck sowie Klimaaktivist, u.a. bei den „Christians for Future“.

An diesem Wochenende waren zum ersten Mal seit den großen „Fridays for Future“-Demos von 2019 wieder Millionen Menschen auf der Straße. Allein in München um die 200.000 Menschen, die größte Demo seit den 1990ern, mit nur einer Woche Mobilisierung. Auslöser war die Investigativrecherche von Correctiv zu den Deportationsplänen der AfD, zugrunde liegen wird aber auch der Rechtsruck der öffentlichen Debatte und Politik der letzten zwei Jahre (s. #LaTdH vom Sonntag).

Die Entwicklung der letzten Jahre und der Erfolg der Demos zeigen eine Sache deutlich: Klimagerechtigkeit ist das zentrale Konzept für die nächsten Jahre. Klimagerechtigkeit bedeutet, Klimaschutz nicht einfach nur als Frage der Reduktion von Treibhausgasemissionen zu sehen, sondern als Gerechtigkeitsfrage.

Dies bedeutet vier Dinge: 

Erstens, die Verantwortung für Treibhausgasemissionen klar zu benennen.  
 
Zweitens, die Folgen der Emissionen für heute schon benachteiligte Menschen ernst zu nehmen. Man muss sehen, wie die Klimakrise mit schon bestehenden Ungerechtigkeit interagiert und nicht im luftleeren Raum am Durchschnittsmenschen stattfindet.  
 
Drittens, die Bedeutung von Gerechtigkeitsfragen bei der Transformation zu berücksichtigen.  
 
Viertens, auch bei den notwendigen Anpassungen in der Klimakrise den Gerechtigkeitszusammenhang mitzudenken und nicht einfach nur die Reichen zu schützen.

Bei allen vier Anliegen ist es wichtig, Gerechtigkeit nicht verengt zu denken, sondern intersektional: Verschiedene Gerechtigkeitsfragen wie die Betroffenheit von Klimakrise, Rassismus oder Sexismus sind verknüpft, weil Menschen oft von mehreren Formen von Ungerechtigkeit betroffen sind. Diese Betroffenheiten verstärken sich gegenseitig. Frauen zum Beispiel leiden im Durchschnitt stärker und häufiger unter der Klimakrise als Männer, und schwarze Frauen mehr als weiße.

Klimagerechtigkeit als Konzept ist eng verknüpft mit dem tatsächlichen Klimakrisenszenario, das uns droht: Das größte Risiko der Klimakrise war in erster Linie nie die „Ausrottung der Menschheit“, sondern ein Zyklus von Transformationsdruck und zunehmender Unwirtlichkeit des Klimasystems, in dem Naturkatastrophen häufiger auftreten und Konflikte zwischen Menschen geschürt werden können. Dies kann zu einer Stärkung menschenfeindlicher Akteure wie zum Beispiel Rechtsradikalen führen, und damit zu einer Welt ohne Menschenrechte und ohne Demokratie.

Vorboten der Klimakrise
Momentan sehen wir in vielfacher Weise die Vorboten dieser Entwicklung. Schon der Aufschwung der AfD in Deutschland im Kontext der sog. Flüchtlingskrise 2015 war beeinflusst von der Klimakrise. Wir haben gesehen, wie selbst in einer Phase großen Wohlstandes in Deutschland und ohne andere akute Krisen, Rassismus und Islamfeindlichkeit in der Gesellschaft genutzt werden können, um Menschenrechte anzugreifen und auszuhöhlen.

Dies hat sich bis heute fortgesetzt: Unsere große Abhängigkeit von Öl und Gas in Kombination mit dem Systemschock der Corona-Pandemie (der unter anderem zu Chaos in der Öl-Industrie und schon vor dem Ukraine-Krieg zu steigenden Öl-Preisen geführt hat) und dem Überfall der schwer bewaffneten Tankstelle Russland auf die Ukraine haben zu massiver Inflation geführt. 

Diese traf eine Gesellschaft, die durch die immer drängender werdende und lange verschlafene Transformation hin zu weniger Treibhausgasemissionen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt istZudem wird die notwendige Transformation vor dem Hintergrund einer sich zunehmend spreizenden Schere zwischen Arm und Reich durchgeführt (s. „Tipping Point“ vom Januar 2024). Unter anderem wegen der FDP setzt die Bundesregierung auf eine Politik, die diese Schere kaum adressiert, sondern genau zur falschen Zeit auf Austeritätspolitik statt Klimageld setzt.

Krisen und Transformationsdruck führen zu einem Machtgewinn von Rechtsradikalen
All dies macht warnende Vorhersagen leider wahr: Krisen und Transformationsdruck führen zu einem Machtgewinn von Rechtsradikalen, der es erst recht unmöglich macht, die Probleme zu adressieren, sondern stattdessen Menschenrechte aushöhlt. Das ist nicht nur in Deutschland zu beobachten: Vom postfaschistisch regierten Italien, das die Sozialhilfe abgeschafft hat, bis zum drohenden Wahlsieg Donald Trumps und der damit verbundenen Bedrohung für die US-Demokratie sind dieser Probleme weltweit zu sehen.

Auch die Bauernproteste der vergangenen Wochen sind ein Phänomen dieser Entwicklung.
Die Bauern sind schon lange massivem Druck durch ein schwieriges Marktumfeld ausgesetzt. Sie stehen wie kaum eine andere Berufsgruppe in der Situation, gleichzeitig die Klimakrise hautnah zu spüren und die notwendige Transformation bewältigen zu müssen. Gerade deshalb ist es wichtig, beim angestrebten Wandel intersektional alle Aspekte des Gerechtigkeitsproblems zu berücksichtigen. Gute Agrarpolitik braucht einen sehr differenzierten Blick auf das Geflecht aus Wirschafts-, Sozial- und Umweltpolitik. Einen Ansatz dies breit zu denken findet man zum Beispiel bei der Kampagne „Wir haben es satt“ (s. „Tipping Point“ Januar 2024).

Eine Wette auf die Zukunft
Wir stehen vor der Wahl – als Gesellschaft, als Kirchen, aber auch jede*r einzelne*r: Wir können intersektional gedachte Klimagerechtigkeit wirklich ernst nehmen und für alle Unterdrückten und für gerechte Transformationen einstehen. Oder wir können dem Narrativ der Rechtsradikalen auf den Leim gehen, Probleme wie den Klimawandel leugnen und versuchen uns in eine Festung zu retten, an der wir am Ende alle zu Grunde gehen werden – zuerst aber alle Menschen die man irgendwie als anders definieren kann.

Das Programm der AfD ist Anti-Klimagerechtigkeit: Klimawandel leugnen, die verursachenden Reichen schützen, die besonders Betroffenen noch weiter ausgrenzen. Eine solche Spaltung ist selbst für reiche und privilegierte Menschen eine Wette, die am Ende verloren gehen wird. Für die meisten Menschen auf unserer Erde ist der Niedergang mit diesem Ansatz sicher. Solidarische Netzwerke bringen uns durch Krisen – die AfD zerschlägt diese Solidarität für den kurzfristigen Nutzen einiger weniger Menschen.

Unsere Antwort kann nur sein, zusammen zu stehen
Die aktuelle Dynamik droht eine ganze Reihe bestehender Ungerechtigkeiten zu eskalieren und bedroht viele Menschen. Rechtsradikalen ist es egal ob man Schwarz, queer, muslimisch, geflüchtet, links oder feministisch ist. Am Ende werden alle „Anderen“ angegriffen. Unsere Antwort kann nur sein, zusammen zu stehen. Intersektional gedachte Klimagerechtigkeit ist dafür die inhaltliche Grundlage. Sie zeigt, dass alle Gerechtigkeitskämpfe miteinander verknüpft sind. Niemand ist frei, solange nicht alle frei sind.

Dies hat sich eindrucksvoll in München gezeigt: Ursprung der Demo war ein Bündnis aus antifaschistischen, queeren und Klimaorganisationen, ganz besonders „Fridays for Future“. Auch in vielen weiteren Städten, wie Dresden, waren „Fridays“ maßgeblich an der Organisation von Demos beteiligt. In München wurde in großer Vielfalt demonstriert: Von Menschen, die sich ans Rathaus ketten, bis zu Menschen, die sich zum Spaß ans Bett ketten. Dieses Bündnis hat mehr und breiter mobilisiert als alle Demos seit den 1990er Jahren. Vereint für eine Welt, in der allen Gerechtigkeit zu Teil wird.

Die Zeiten, in denen wir alleine jede*r für sich kämpfen konnten, sind endgültig vorbei. Wir brauchen Solidarität. Wir brauchen breite Bündnisse. Und wir haben ein für alle Mal gezeigt: Gerechtigkeit für Geflüchtete, queere Menschen und das Klima zusammen zu denken, schmälert nicht unsere Bündnisse, sondern vergrößert sie. Wir werden nicht mehr viele Chancen für eine gerechte Zukunft haben. Lasst uns sie ergreifen!

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