Sonntag, 28. Januar 2024

AfD-Windkraftgegnern in Heiligenberg bläst der Wind der Gegendemonstranten entgegen

Südkurier hier  24.1.24 STEFAN HILSER +JENNA SANTINI

Am Rande einer Informationsveranstaltung zu Windkraft in Heiligenberg treffen 22 AfD-Vertreter auf rund 100 lautstarke Gegendemonstranten. Im Saal besuchen 350 Leute die Veranstaltung des Regionalverbands.

Sie skandieren „Grüner Strom statt brauner Sumpf“, oder „Energiewende ja, Rassismus nein“. Eine Gruppe von rund 100 Demonstranten versucht am Mittwochabend, mit Sprechchören vor dem Sennhof zu übertönen, was die AfD gegen Windkraft vorträgt.

Im Sennhof, wo der Regionalverband über Vorranggebiete für Windkraft und Photovoltaik informiert, dreht man unterdessen das Mikrophon lauter, um gegen den hereindringenden Klangteppich aus Sprechchören, Musik und Buhrufen stimmlich anzukommen. Verbandsvorsitzender Thomas Kugler an die 350 Personen im Sennhof gerichtet: „Wir wollen den Gegner nicht zum Befürworter bringen.“

Am Informationsstand der AfD versammeln sich an diesem Mittwoch 22 Personen, um auf die in ihren Augen großen Gesundheitsgefahren und angeblich nicht vorhandene Energieeffizienz aufmerksam zu machen. Unter ihnen ein Rentner aus Lippertsreute, der nach eigener Aussage 25 Jahre lang selbständig im Bauhandwerk beschäftigt war. Er berichtet von Freunden, die auf einem Bauernhof in der Nähe einer Windkraftanlage wohnen. „Die ganze Familie wurde krank“, sagt er.

Zu den Gegendemonstranten zählen die in Heiligenberg wohnende Ulrike Neumann-Weber und ihr Mann, Michael Weber. Sie bringen ein von ihren schulpflichtigen Kindern gemaltes Plakat mit. „Für eine bunte Welt.“ Neumann-Weber sagt, dass sie es wichtig finde, sich für die freiheitliche Demokratie einzusetzen, „wo Menschen so sein dürfen, wie sie sind“.

Der Rentner Bernhard Holzschuh aus Heiligenberg sagt: „Ich möchte mir von meinen Kindern und Enkelkindern nicht vorwerfen lassen, dass ich zu spät aufgewacht bin.“ Josef Fuchs pflichtete ihm bei: „Genau das haben wir ja unseren Eltern vorgeworfen, obwohl die Situation 1933 ganz anders war und es den Menschen damals viel schlechter ging als uns heute.“

Die Veranstaltung im Sennhof verlief bis zum Redaktionsschluss dieses Berichtes (19 Uhr) ruhig. Wolfgang Heine, Direktor des Regionalverbands, teilte mit, dass der Saal voll besetzt sei. Mit 350 Personen habe man zunächst nicht gerechnet. Wobei die Ankündigung der AfD zur Demo den Vertretern beider Seiten einen Schub verliehen und zu weiteren Anmeldungen geführt habe.


Warum die AFD gegen Windräder kämpft? Vielleicht findet man im folgenden Artikel wenigstens einen Teil der Antwort...

Freitag hier  Ausgabe 04/2024  Svenja Beller

Kolumne Forst und Wüste - Svenja Beller ist freie Journalistin und Buchautorin. Für den Freitagschreibt sie die Kolumne „Forst und Wüste“ über Klimapolitik, Umweltschutz und was sonst noch alles schief geht.

Die Rechten sagen, Migration sei „unökologisch“. Der Mensch sei wie ein Baum: Er habe Wurzeln und solle bleiben, wo er geboren ist. Die Argumentation der Rechten ist krude und entbehrt jeder Logik – auch bezüglich der Themen Migration und Klimaschutz

Klimaschutz wird nur auf eine Weise durchsetzbar sein – auf eine antifaschistische

Das ganze Land ist geschockt, weil nun „rauskam“, dass die AfD so wirklich rassistisch ist. Das ist natürlich eigentlich gar nicht überraschend, die Nazipartei hatte das schon mal durchblicken lassen. Das hat für sie auch ökologische Gründe: Einwanderung ist aus Sicht der AfD nämlich unökologisch, damit schließt sie sich den Nationalsozialisten an. Wir erinnern uns an die Formel „Blut und Boden“, womit die Einheit von Bauern und Land gemeint war, was als Ideal für die gesamte Gesellschaft gelten sollte.

Es gibt einen Nazislogan, der heute gerne mal auf T-Shirts gedruckt wird: „Bäume haben Wurzeln, Menschen auch“. Alle sollen also da wohnen bleiben, wo sie umweltmäßig hingehören – warum der nächstbeste Vergleich für uns Menschen ausgerechnet Bäume sein sollen und nicht etwa irgendeine schicke Tierart, bleibt unklar.

Bäume also, die will die AfD schützen, die metaphorischen wie die tatsächlichen Gewächse. Und deswegen sind die Nazis auch gegen Klimaschutz und Energiewende, denn für Windräder werde der deutsche Wald zerstört. Diese Behauptung ist schlicht falsch, laut einer im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie wuchs die Waldfläche in Deutschland zuletzt sogar: Zwischen 2016 und 2018 breitete sie sich um sieben Prozent mehr aus als im Vergleichszeitraum 2004 bis 2015.

Windräder und Ahrtal

Windräder sind den Rechtsextremen dennoch irgendwie unheimlich, der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner (der übrigens 2019 erstmals in der Geschichte des Bundestages wegen antisemitischer Äußerungen als Vorsitzender eines Bundestagsausschusses abgesetzt worden war) teilte anlässlich der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 seine Sorge, dass solche extremen Wetterereignisse dadurch ausgelöst werden, dass Windräder den Wind aus der Luft nehmen.

Die AfD hat es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Windmühlen zu kämpfenGegen Klimaschutz sowieso. Dem Weltklimarat will sie nicht trauen: Der verschweige uns zum Beispiel „die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus“, schreibt die Partei in ihrem Grundsatzprogramm.

Ich schreibe das hier explizit nicht, um mich zu belustigen, sondern um deutlich zu machen: Klimaschutz bedeutet Antifaschismus – und umgekehrt. Ließen wir die Nazis machen, dann könnten wir bald einer „Remigration reloaded“ zusehen, wenn die Klimakatastrophe Millionen Menschen zur Flucht zwingen würde. Und das können die Faschos ja nicht wollen – wegen der schönen Bäume und der Wurzeln und so.

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