Update für Artenschutz
Eigentlich sollte sie schon zur Weltnaturkonferenz im Oktober beschlossen werden, doch die FDP blockte. Nun wurde die Biodiversitätsstrategie auf den Weg gebracht: 65 Ziele sollen die Artenvielfalt in Deutschland bewahren und Natur schützen.
Tagesspiegel hier 18.12.2024
Naturschutz in Deutschland: Bund beschließt Strategie zum Schutz der Artenvielfalt
Viele Tier- und Pflanzenarten sind hierzulande vom Aussterben bedroht, Naturflächen in einem desaströsen Zustand. Mit einer neuen Strategie will die Bundesregierung gegensteuern.
Natur und Arten sollen in Deutschland künftig deutlich besser geschützt werden. Das sieht eine Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt vor, die das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat und die mehrere Naturschutzziele für das Jahr 2030 festlegt. Unter anderem sollen bis Ende des Jahrzehnts auf 20 Prozent aller Landes- und Meeresflächen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur greifen. Das sieht auch eine EU-Verordnung vor, die die Bundesregierung mit der neuen Strategie umsetzen will.
„In Teilen ist die Natur schon so geschädigt, dass es nicht reicht, sie unter Schutz zu stellen. Sie muss aktiv repariert werden“, heißt es dazu in einem Infopapier des Bundesumweltministeriums. Das betreffe vor allem Wälder, Moore und Auen, die auch für den Kampf gegen den Klimawandel eine zentrale Rolle spielen. Bis 2050 soll die Wiederherstellung dann bei allen Ökosystemen, die einer Reparatur bedürfen, Pflicht sein.
Knackpunkt: Qualität in Schutzgebieten
Auch das von der EU-Kommission ausgegebene Ziel, bis 2030 insgesamt 30 Prozent der nationalen Landes- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen, will Deutschland mit der Strategie erreichen. Hier sei das Land auf einem guten Weg, heißt es aus dem Umweltministerium auf dpa-Anfrage. Der Kommission in Brüssel seien im März 2023 bereits 16 Prozent der Landesfläche und 43 Prozent der Meeresflächen als Schutzgebiete übermittelt worden. Bund und Länder wählten aktuell weitere Gebiete aus. Zwar sei das Ziel bei den Meeresflächen schon prozentual übererfüllt, doch nun gehe es darum, den qualitativen Schutz in den Gebieten zu verbessern.
Strategie zwar bindend - aber ohne Sanktionsmöglichkeiten
Monatelang war im Kabinett um die Strategie gerungen worden, da sie eine Basis zur Umsetzung internationaler Vereinbarungen legt und auch sensible Bereiche wie die Landwirtschaft betrifft. Sie ist als Strategie auch bindend für eine kommende Bundesregierung - unabhängig von einem möglichen politischen Machtwechsel im Frühjahr. Allerdings fehlen Instrumente, um die Verbindlichkeit zu untermauern - wie etwa Sanktionen, wenn gewisse Ziele nicht eingehalten werden.
BR hier Von Simon Plentinger BR24 im Radio am 18.12.2024
Minderheitsregierung beschließt Biodiversitätsstrategie
Trotz Ampel-Aus hat die rot-grüne Bundesregierung eine "Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt" beschlossen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke sieht darin einen Meilenstein für den Naturschutz. Die Opposition übt Kritik am Vorgehen.
Die Bundesregierung hat eine nationale Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt verabschiedet. Trotz des Endes der Ampel-Koalition und anstehenden Neuwahlen bringt der Bund damit Ziele und Maßnahmen auf den Weg, die den Verlust der Artenvielfalt bis zum Jahr 2030 stoppen sollen - und setzt damit internationale Verpflichtungen wie den Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal sowie die EU-Biodiversitätsstrategie um.
"Halb gemachte" Hausaufgaben bei UN-Konferenz
Im Oktober hatten Naturschützer Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) noch "halb gemachte" Hausaufgaben vorgeworfen: Bei der UN-Biodiversitätskonferenz (COP16) in Cali, Kolumbien hatte sie den Entwurf für eine nationale Biodiversitätsstrategie vorgestellt. Lemke hatte sich 2022 beim UN-Weltnaturgipfel in Montreal für ambitionierte Ziele für den Schutz der Biodiversität weltweit bis zum Jahr 2030 eingesetzt.
Die dortigen Beschlüsse forderten auch von allen Staaten binnen zwei Jahren eine nationale Strategie mit Maßnahmenplan vorzulegen. Für Lemkes Entwurf gab es von Umweltschützern inhaltlich sogar Lob, doch hatte sie ihn noch nicht - wie eigentlich notwendig - mit den anderen Ressorts in der Bundesregierung abgestimmt und beschlossen.
Opposition kritisiert Vorgehen
Umweltverbände hatten daraufhin befürchtet, von der Strategie könnte nach der Ressortabstimmung nicht mehr viel übrigbleiben. Die Abstimmung innerhalb der Ampel-Koalition galt als schwierig. Jetzt hat das Bundeskabinett die Strategie verabschiedet. Ein einfacher Kabinettsbeschluss reichte dafür aus.
.....(.CDU und FDP übten Kritik) .....
Renaturierung und Schutzgebiete im Fokus
Bundesumweltministerin Lemke sagte gegenüber BR24, die Strategie sei ein Meilenstein für den Naturschutz: "Wir haben damit den Fahrplan, intakte Natur in unserem Land zu erhalten und dort, wo sie zerstört wurde, auch zu reparieren." Die jetzt beschlossene Strategie soll unter anderem dafür sorgen, dass Deutschland das in Montreal beschlossene Ziel von 30 Prozent Schutzgebieten an Land und in den Meeren einhält.
Aber auch der Zustand von Schutzgebieten soll sich laut Lemke verbessern. Ihre Strategie setzt außerdem Schwerpunkte bei der Renaturierung von Mooren und Flussauen. Die Natur soll zudem schonender bewirtschaftet werden. Dabei soll es der Ministerin zufolge auch darum gehen, die schädlichen Auswirkungen von Pestiziden auf die biologische Vielfalt zu verringern.
Zur Strategie gehört auch mehr Grün für die Städte: Gesetzliche Regelungen sollen bestehende Bäume schützen und Neupflanzungen fordern. Insgesamt formuliert die Strategie 64 Ziele und Indikatoren, um diese zu überprüfen. Dazu gehört auch ein erster Aktionsplan mit 250 Maßnahmen, die die Bundesregierung bereits bis 2027 umsetzen soll.
Umweltverbände fordern ambitionierte Umsetzung
Naturschützer begrüßen die neue Strategie, mahnen aber auch, dass die Zeit dränge: Matthias Meißner, Bereichsleiter Politik und Biodiversität des "WWF", spricht von einer guten Nachricht für die Artenvielfalt in Deutschland. Die Strategie hätte aus Sicht des WWF zwar kraftvoller ausfallen können, trotzdem sei der Beschluss ein wichtiges Signal zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur. Die nächste Bundesregierung müsse aber "den Turbo anwerfen", denn eigentlich hätte die Umsetzung des ersten Aktionsplans der neuen Biodiversitätsstrategie bereits 2024 beginnen sollen.
Ähnlich äußert sich auch Johann Rathke vom Naturschutzbund NABU. Ein Problem sieht er darüber hinaus in der mangelnden Verbindlichkeit. Hier könne ein Biodiversitätsgesetz helfen, das Bundes- und Landesregierungen und vielleicht sogar die einzelnen Ministerien verpflichte, Maßnahmen umsetzen, so Rathke. Beide Verbände fordern außerdem von der kommenden Bundesregierung, die Finanzierung des Natur- und Artenschutzes zu sichern und auszubauen.
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