Donnerstag, 5. Dezember 2024

Testballon im EU-Parlament zur Verwässerung des Green Deals vorerst zurückgeschlagen

  hier  4.12.2024  Von Eric Bonse

Neue Entwaldungsverordnung der EU: Teilsieg für die Wälder

Eine EU-Verordnung zum Waldschutz kommt ein Jahr später als geplant. Mehr Abschwächungen konnten die Konservativen im EU-Parlament nicht durchsetzen.

Die umstrittene europäische Entwaldungsverordnung kommt, der Schutz der Wälder wird nicht wie befürchtet noch mehr aufgeweicht. 

Darauf haben sich Unterhändler der EU im sogenannten Trilog-Verfahren in Brüssel geeinigt. Ein Vorstoß der Konservativen im Europaparlament, den neben der CDU/CSU auch AfD-Abgeordnete und andere Rechte unterstützt hatten, wurde verworfen.

Der Entscheidung kommt eine grundsätzliche Bedeutung für den „Green Deal“ und die europäische Umwelt- und Klimapolitik zu. Die im Europaparlament tonangebende konservative Europäische Volkspartei (EVP) hatte die eigentlich schon fertige Verordnung im November in letzter Minute noch einmal aufgeschnürt und sich dabei auf Stimmen der Rechtspopulisten gestützt.

Aus Sicht vieler Abgeordneter des linken Spektrums war dies ein Testballon für die neue Legislaturperiode. Wenn sie sich bei der Entwaldung durchsetzen, könnten EVP-Chef Manfred Weber (CSU) und seine Parteifreunde in den kommenden fünf Jahren den „Green Deal“ bis zur Unkenntlichkeit verwässern, so die Sorge.

Diese Gefahr scheint nun vorerst gebannt. Zu verdanken ist dies allerdings nicht etwa einem Sinneswandel im Parlament, sondern dem Rat, der Vertretung der 27 EU-Staaten. Er lehnte es ab, Änderungen zu übernehmen, die die CDU-Abgeordnete Christine Schneider vorgeschlagen hatte. Sie hätten die Verordnung abgeschwächt.

Das Gesetz wurde um ein Jahr aufgeschoben

Nun bleibt es bei der ursprünglichen Fassung des EU-Gesetzes. Demnach müssen europäische Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung abgeben, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen.

Die neue Verordnung erfasst auch alltägliche Produkte wie Kaffee, Holz, Soja, Kakao und Palmöl. Sie dürfen künftig nur noch dann verkauft werden, wenn dafür keine Wälder gerodet wurden. Damit soll auch die Abholzung des Regenwaldes reduziert werden. Wegen Widerstands aus den USA und Südamerika wurde das Gesetz allerdings um ein Jahr aufgeschoben, sodass es erst 2026 wirksam wird.

Reaktionen auf die Einigung sind überwiegend positiv. „Wir sind erleichtert, dass die grundlegenden Elemente des fortschrittlichsten EU-Gesetzes zur Bekämpfung der Entwaldung unverändert bleiben“, kommentierte Anke Schulmeister-Oldenhove vom WWF in Brüssel.

Auch die Industrie ist erleichtert, weil nun Rechtssicherheit herrscht. „Wichtig ist, dass die Unternehmen nicht durch unklare Vorgaben und übermäßige Bürokratie weiter belastet werden“, erklärte der Verband der Automobilindustrie in Berlin. Hier gebe es noch Nachbesserungsbedarf. Die europäischen Hersteller dürften international nicht benachteiligt werden.

Die Christdemokraten geben sich unbeeindruckt

Katerstimmung herrscht im Europaparlament. „Die Christdemokraten haben nicht nur massive Verunsicherung bei Unternehmen ausgelöst, sondern auch dem Ansehen des Parlaments geschadet“, kritisiert die Grünen-Politikerin Jutta Paulus. Es sei unfassbar, dass für ein „derart erbärmliches Ergebnis“ die Brandmauer eingerissen worden sei, sagte ihre Parteifreundin Anna Cavazzini. „Das Verhalten von CDU, CSU und ihrer EVP-Fraktion war verantwortungslos“, schimpft auch Delara Burkhardt von der SPD.

Doch die Christdemokraten geben sich unbeeindruckt. „Durch unseren Einsatz ist die EU-Entwaldungsverordnung ein Stück praktikabler geworden“, erklärte die CDU-Abgeordnete Schneider, die die umstrittenen Änderungen eingebracht hatte. Die EU-Kommission werde nun noch einige Klarstellungen und Vereinfachungen auf den Weg bringen, sagte sie. Die Brüsseler Behörde wird von Ursula von der Leyen geleitet – einer CDU-Politikerin.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen