Samstag, 30. März 2019

Bürgerstimme: Lutz Saarmann

Das Schreiben von Herrn Härle, auf das sich dieser Brief bezieht, finden Sie hier

Lieber Herr Bürgermeister Härle,

es geht um mehr, als die aktuelle und künftige Entwicklung des Gewerbegebietes Salem.
Wir haben es inzwischen weltweit mit einem so heftigen Klimawandel zu tun, dass wir selbst in
Deutschland spüren, das sowohl extreme Dürrezeiten als auch dann wieder Zeiten extremer Regentätigkeiten mit heftigen Stürmen und Überschwemmungen vorkommen. Das hat es in dem Ausmaß vor 20 Jahren nicht gegeben.

Wer die Nachrichten verfolgt, weiß, dass diese Tendenzen weltweit teilweise noch auffälliger sind.
Dieser Klimawandel ist einer der Gründe, weshalb vor Jahren die Grünzüge als ausgleichende
und belüftende Elemente in den Regionalplänen festgeschrieben wurden. Um im Salemer Bereich
eine Herunterkühlung der Temperaturen gerade in heißen Sommern zu erreichen.
Diese Kühlung brauchen wir heute, fast 10 Jahre später, noch dringender als damals.
Stattdessen ist das Gegenteil geplant:
- die Kühlung durch den Grünzug soll unterbrochen oder gar abgebrochen werden
- der offene Boden, der als Kohlenstoffspeicher dienen kann, soll verbaut und versiegelt werden
- es soll deutlich mehr Verkehr nach Salem / durch Salem fließen
- es sollen Böden der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und für immer unbrauchbar gemacht
werden.

Dies "kommt einer Entmündigung und Beeinträchtigung der nächsten Generationen gleich."
(M.H.)

Wer von den Salemer Bürgerinnen und Bürgern will nicht Heimat "bewahren und eine über
Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft für die nächste Generation erhalten?" (M.H.)

Das gilt es herauszufinden. Denn es reicht leider nicht, es einfach nur zu bekunden.
Ganz nach dem Motto des Club of Rome: "Global denken – Lokal handeln" müssen Taten her:
Maßnahmen, die den Klimawandel wirklich aufhalten, die die regionale Natur höher stellen als
Industrieansiedlungen.
Wir müssen lernen das Wohl der Bürger und der Gemeinde anders zu sehen, anders zu bewerten, als über immer weiteres Wachstum (denn: wo soll das enden?).

Welche Arbeitsplätze es in Zukunft geben wird, ist ja heute kaum zu sagen. Viele
Industriebetriebe haben eine sehr kurze Verweildauer – da sie heutzutage vom Weltmarkt abhängen und so für uns unberechenbar sind.
Und auch heute schon ist die Situation doch so: unzählige Betriebe suchen Arbeitskräfte und
finden keine.
Es gibt offensichtlich jetzt schon teilweise mehr Arbeitsplätze als Menschen, die diese suchen.

Sie (M.H.) schreiben: "Die Sorgen über zunehmenden Flächenverbrauch sind sicher berechtigt,
aber bewahren und erhalten bedeutet gleichzeitig, auch"… und das "aber" und "auch" glaube ich
nicht. Es gibt da kein "aber" und kein "auch"…

Es heißt: "bewahren und erhalten".
Was heißt bewahren und erhalten?
Beispiel: Ich leihe Ihnen einen Quadratmeter Wiese. Wenn Sie mir den nach einem Jahr genau so wiedergeben. Dann ist das bewahren und erhalten.
Wenn sie einen Teil davon mit Beton belegt haben oder eine Straße darauf gebaut haben, oder
die Pflanzen sind nicht mehr da, so ist das "NICHT bewahren und erhalten". Es ist nicht mehr der Quadratmeter Wiese vom letzten Jahr.

Zu den Jugendlichen: jeden Freitag streiken unzählige Schüler und demonstrieren in Überlingen,
FN, Ravensburg, weltweit und sogar in Salem. Und zwar nicht, weil Sie Angst haben um Ihre Arbeitsplätze. Sondern, weil sie den Eindruck haben, dass wir Erwachsenen dabei sind, ihre Welt, in der sie leben möchten, mit erheblicher Geschwindigkeit an die Wand zu fahren.
Und über 26.800 Wissenschaftler haben soeben geschrieben: "die Jugendlichen haben recht.
Das tun wir tatsächlich…" außer, wir verändern uns und tun etwas für ein besseres Klima auf der Welt und in der Gemeinde.
Eine Grundlage dafür ist, dass der Grünzug erhalten bleibt und der Flächenfraß gestoppt wird.

Übrigens wehrt man sich allerorten gegen die Umschreibung/Fortschreibung der Regionalpläne.

Ich habe gelesen: "Auch der Bundestag bildet in wichtigen Fragen die gesellschaftliche Mehrheit
nicht ab. 

Eine Mehrheit der Bevölkerung wollte zum Beispiel keinen Afghanistan-Einsatz und keine
Bankenrettung auf Steuerzahlerkosten.

Sie will aber mehr Klimaschutz und ein verbindliches Lobbyregister. Den Afghanistaneinsatz und
die Bankenrettung gab es, einen strengen Klimaschutz und das Lobbyregister nicht."

Das spürt jeder Bürger: da stimmt was nicht. Da muss die parlamentarische Demokratie
nacharbeiten, sonst steckt sie diesbezüglich schnell in einer Vertrauenskrise. Bundesweit und
regional.

"Ist es nicht unsere Aufgabe auch in Zukunft noch Entwicklungsmöglichkeiten zu haben?" (M.H.)
Und wenn wir die Flächen irgendwann dringend für die regionale Nahrungsproduktion brauchen

sollten sie dann nicht zur Verfügung stehen, um Menschen im Salemer Tal und anderswo mit
regionalen Lebensmitteln zu versorgen?

Das Aktionsbündnis Grünzug Salem verfolgt diesen Kurs: Die Initiative spricht sich für den
unbeschadeten Erhalt des angrenzenden regionalen Grünzugs an unserem Gewerbegebiet aus. Und für einen sorgsamen Umgang mit den jetzt "im Bau" befindlichen letzten Grundstücken im
Gewerbegebiet und im Umgang mit Gemeindeflächen überhaupt. Dies hätte zur Folge, dass alle
oben genannten positiven Umwelterscheinungen eintreten könnten.
Dies wäre ein Beitrag zum Klimaschutz. Ein Beitrag zur Zukunft unserer Kinder und Enkel.
"Ist mir das bewusst und halte ich dies für den richtigen Weg?" JA - unbedingt.

Mit freundlichen Grüßen, Lutz Saarmann
Salem

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