Sonntag, 14. August 2022

Position des Bundesbündnis Bodenschutz zur Freiflächen-Photovoltaik

Pressemitteilung vom 10.08.2022 

Ausgangslage: Gesunde Böden mit ihren natürlichen Funktionen sind ein wertvolles Gut, das wir kommenden Generationen erhalten müssen. Böden speichern Wasser und tragen wesentlich zur Grundwasserneubildung bei, sorgen für natürliche Kühlung, binden enorme Mengen Kohlenstoff, erbringen also lebenswichtige Ökosystemleistungen und sind vor allem die wichtigste Grundlage für unsere Ernährung. 

Für den Erhalt dieser Böden und die Sicherung von Landwirtschaftsfläche setzen wir uns ein. Für einen wirkungsvollen Klimaschutz müssen fossile Energieträger so schnell wie möglich durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Photovoltaik wird als wichtiger Teil des Ausbaus der erneuerbaren Energien angesehen. 

Es mehren sich jedoch Stimmen, die Photovoltaikanlagen großflächig als sog. Freiflächen-PV (FF-PV) auf Acker- und Grünland installieren wollen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die auf Gebäuden und über sonstigen bereits versiegelten Flächen vorhandenen Potentiale für PV mehr als ausreichend sind, um die Energiewende zu meistern.* Deshalb fordern wir, dass dieses Potential umgehend ausgeschöpft wird, bevor weitere Flächen mit FF-PV zugebaut werden. Dies muss jetzt gesetzlich verankert und umgesetzt werden. 

Kritikpunkte/ Gründe: Der unregulierte Freiflächen-PV-Ausbau löst beachtliche Nebenwirkungen aus, u.a.: 

 ➢ Verlust von Anbaufläche für die Erzeugung regionaler Lebensmittel. Durch langfristige Verträge entfällt die landwirtschaftliche Produktion in einem Zeitraum von bis zu 40 Jahren! Folge: noch mehr Anbauflächen werden anderswo auf der Welt z.B. durch Brandrodung von ökologisch und klimatisch wertvollen Naturflächen geschaffen, die Klimakrise wird indirekt befeuert. Dies ist letztlich klimaschädigend (vgl. Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt, NBS) 

 Kaltluftproduktion und Luftaustausch nehmen ab, was für die klimatische Situation der Umgebung erhebliche negative Auswirkung hat 

➢ bei Starkregen kann der Boden unter Solarpaneelen nicht die gleiche Menge Regenwasser aufnehmen wie nicht überbauter Boden 

➢ Freiflächen-PV auf landwirtschaftlichen Böden und Grünland ist keine landwirtschaftliche Nutzung, sondern gewerbliche Nutzung, was zu einer Änderung im Planungsrecht führt 

➢ unsere Böden werden noch mehr zum Spekulationsobjekt; Investoren bieten ein Vielfaches der erzielbaren landwirtschaftlichen Erträge; der weitere Ausverkauf landwirtschaftlicher Produktionsflächen für andere Zwecke wird befördert 

Das Nachhaltigkeitsprinzip erfordert, Probleme – auch die Energiekrise - so zu lösen, dass dadurch nicht neue Engpässe entstehen, die uns und kommende Generationen über lange Zeit enorm belasten würden. Wir fordern daher: 

 ➢ Boden, auf dem Lebensmittel angebaut werden können, muss hierfür weiter vorrangig zur Verfügung stehen 

➢ die Zulassung der FF-PV kann nur unter der Voraussetzung einer sinnvollen Doppelnutzung als hochgeständerte Agrar-Photovoltaik (Agri-PV), z.B. im Gemüse-, Beerenobst- oder Apfelanbau erfolgen 

➢ Boden, auf dem als 2. Nutzungsart Agri-PV zugelassen wird, muss der landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten bleiben. Es darf keine Umwidmung zum „Gewerbegebiet“ erfolgen. Die Sondernutzung „Agri-PV“ darf lediglich als zusätzliche Nutzung zugelassen werden, die der landwirtschaftlichen Bestimmung unterzuordnen ist. Sie darf nicht Hauptzweck der Nutzung von fruchtbaren Flächen sein 

➢ Vorrang muss weiterhin der Anbau von Nahrungsmitteln haben! Wir fordern ferner eine Umweltprüfung der FF-PV-Anlagen (auch hinsichtlich der verwendeten Rohstoffe, deren Gewinnung und deren Entsorgung) sowie Berücksichtigung negativer Folgewirkungen
a. auf die natürlichen Lebensgrundlagen, auf Umwelt und biologische Vielfalt als existentielle Grundlagen des Lebens auch für künftige Generationen (Art. 20a GG)
b. auf die Kaltluftproduktionsleistung des Bodens
c. bezüglich der Erosionsgefahr (auch auf angrenzenden Flächen) d. auf die allgemeinen Funktionen des Naturhaushaltes 


Fazit: Freiflächen-PV darf auf Ackerflächen nur in Form von hochgeständerten Agri-PV-Anlagen installiert werden und nur dort, wo dies den jeweils angebauten Kulturen Nutzen bringt und dem Artenschutz nicht zuwiderläuft.
Gute Möglichkeiten und enormes Potential für PV-Anlagen bieten neben bereits versiegelten und bebauten Flächen z.B. Seiten-/Mittelstreifen und Lärmschutzwände an Verkehrswegen (Autobahnen, Straßen, Bahnlinien). Dies gilt es auszuschöpfen. 

Das Bundesbündnis Bodenschutz fordert deshalb die Entscheidungsträger dazu auf, alles zu tun, damit die Installation von PV-Paneelen auf bzw. über bereits versiegelten Flächen schnellstmöglich umgesetzt wird. Dadurch wird weiterer Verbrauch wertvollen Bodens durch Freiflächen-PV überflüssig. 

*Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, 2022 Harry Wirth, Fraunhofer ISE, www.pv-fakten.de

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