Donnerstag, 5. Oktober 2023

Blick nach Frankreich, wo der Kampf ums Wasser bereits tobt - Trübe Zukunfts-Aussichten für uns

 Spiegel hier 26.09.2023,

Soziale Folgen der Erderwärmung: Frankreich streitet sich ums Wasser

Der Klimawandel macht Wasser zum knappen Gut. In vielen französischen Kommunen fehlt Trinkwasser, Winzer befürchten »dramatische« Ausfälle, und Pools dürfen nicht mehr befüllt werden.

Rund 40.000 Menschen in Frankreich stehen am Ende eines zuletzt heißen Sommers ohne Trinkwasser da. Knapp 200 Kommunen gerade im Süden mussten laut Umweltminister Christophe Béchu zuletzt mit Tankwagen oder Mineralwasser in Flaschen versorgt werden.

Auch Bauern und Winzer klagen über Wassermangel. Der Grundwasserstand ist in knapp zwei Dritteln der Gebiete niedriger als üblich: »Die Krise liegt noch nicht hinter uns«, sagte Béchu. Behörden reglementieren teils das Bewässern von Agrarflächen, Gärten und Sportstadien, das Befüllen von Swimmingpools ist tabu, Autowaschen ebenfalls.

Alle Sektoren sollen bis 2030 zehn Prozent weniger Wasser nutzen

»All dies trägt deutlich die Handschrift des Klimawandels: Der Rückgang des verfügbaren, entnehmbaren Wassers hat begonnen, und zwar um 10 bis 40 Prozent«, sagte Béchu der Zeitung »Libération«. »Dies ist eine Folge des Temperaturanstiegs.«

Mit einem Ende März vorgelegten Wasserplan wolle die Regierung gegensteuern. Bis 2030 sollen alle Sektoren zehn Prozent weniger Wasser nutzen. Das Sparen sei notwendig, weil durch den Klimawandel bis 2050 rund 30 bis 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung stehe. Ab einem bestimmten Verbrauch soll der Wasserpreis steigen und mehr Wasser als bisher soll wiederverwendet werden, der Anteil war in Frankreich bislang gering.

Weinbauern rechnen mit dramatischen Einbußen

Im südlichen Département Pyrénées-Orientales befürchtet der Winzerverband wegen der Trockenheit in diesen Wochen die schlimmste Weinlese der Geschichte. »30 oder 40 Prozent Verluste« drohten in den Weinbergen, sagte der örtliche Verbandspräsident David Drilles dem Sender France bleu. »Es ist dramatisch.« Manche Weinbauern rechneten mit Einbußen von bis zu 80 Prozent. Der Regen und die Möglichkeit zur Bewässerung seien unzureichend gewesen. Und dort, wo Restriktionen zum Beregnen von Agrarflächen angeordnet sind, besuchen Beamte der Umweltpolizei die Landwirte, um zu kontrollieren, dass nicht zu viel Wasser aus dem Boden gepumpt wird.

Für den Klimawandel und ein Wirtschaften mit weniger Wasser rüsten sich in Frankreich große Agrarbetriebe mit sogenannten Mégabassines. Das sind Wasserrückhaltebecken von der Größe etlicher Fußballfelder, in denen Regenwasser für Trockenphasen gesammelt wird. Umweltschützer laufen gegen die Megaprojekte Sturm und halten sie für unökologisch. Eine Demonstration an der Baustelle eines Riesenbeckens in Sainte-Soline in Westfrankreich mit Tausenden Teilnehmern endete vor Monaten in einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei. Innenminister Gérald Darmanin sprach danach von »Ökoterroristen«. Ein Verbot der beteiligten Umweltbewegung durch die Regierung hob die Justiz vorläufig auf.

Die Fronten bleiben verhärtet. Bei einem mehrtägigen Protestmarsch aus der Provinz Richtung Paris verwüsteten Gegner der »Mégabassines« im August auch einen Golfplatz. Der Vorwurf: Unmengen an Wasser seien im Sommer nötig, um die rund 700 Golfplätze in Frankreich im Sommer schön grün und bespielbar zu halten. Der Verband professioneller Golfplatzbetreiber hielt entgegen, der Wasserverbrauch der Plätze sei bereits reduziert worden, Trinkwasser werde nur in geringem Umfang zur Beregnung eingesetzt.

Schmerzlich treffen viele Menschen in Frankreich, einem der Länder mit den meisten privaten Swimmingpools in Europa, auch Verbote zum Auffüllen der Pools. Im Département Pyrénées-Orientales im Süden wurde sogar der Verkauf von Aufstellpools verboten, eine Gemeinde im Süden untersagte auch für fünf Jahre unter Verweis auf den Wassermangel den Bau neuer Pools.

Die Beschränkungen täten auch der Schwimmbadbranche weh, klagte kürzlich der Fachverband FPP. Aufträge im Umfang von zwei Millionen Euro seien verloren gegangen. Allerdings führe der Klimawandel auch dazu, dass die Nachfrage nach privaten Swimmingpools inzwischen auch in der Nordhälfte des Landes steigt. 


TAZ hier

Gericht stoppt Wasserbecken:  Entscheidung gegen Mega-Bassins

Gericht im Südwesten Frankreichs urteilt gegen den Bau von 15 riesigen Wasserbecken – und begründet dies mit den Folgen für den Klimawandel.

Es ist nicht das erste Mal, dass die französische Justiz den Bau eines Wasserreservoirs für landwirtschaftliche Zwecke stoppt. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts im südwestfranzösischen Poitiers, das sich gegen den Bau von 15 „Mega-Bassins“ mit insgesamt 3 Millionen Kubikmeter Volumen ausgesprochen hat, könnte jedoch zu einem exemplarischen Urteil werden.

In der Begründung wird nämlich ausdrücklich gesagt, dass das Vorhaben, das dem Wunsch einiger landwirtschaftlichen Großbetriebe nachkommen sollte, nicht an den Klimawandel „angepasst“ sei. Damit wird der Klimaschutz zu einem gewichtigen juristischen Argument.

Grundsätzlich geht es darum, ob für die Landwirtschaft Grundwasser angezapft und in riesigen künstlichen Seen gelagert werden darf. Für die Umweltschützerverbände, die in Poitiers Klage eingereicht hatten, sind die „Mega-Bassins“ eine ungerechte Privatisierung der zunehmend knappen Wasserreserven. Außerdem machten sie aufgrund der Erkenntnisse mit bereits bestehenden Wasserbecken geltend, dass ein beträchtlicher Teil des begehrten Wassers ungenutzt verdunstet.

Diese Einwände hatten die Um­welt­schützer*innen, die seit Jahren mehrere Projekte im französischen Südwesten bekämpfen, schon immer vorgebracht. Sie pochten dieses Mal vor Gericht aber auch darauf, dass eine Klimaexpertengruppe der UNO zum Schluss gekommen war, dass diese Projekte „kostspielig sind, negative Umweltfolgen haben und zudem ab einem bestimmten Niveau der Klimaerwärmung die Wasserversorgung nicht überall gewährleisten können“.

Zum Zeitpunkt der Bewilligung
sei den bereits absehbaren Klimafolgen nicht Rechnung getragen worden.
(ein Satz den ich auch zur Genehmigung unseres Regionalplans laut und deutlich widerholen möchte)

Minister beschimpft „Ökoterroristen“

Das Gericht befand zudem, dass beim ersten Bassin die Informationen für die Bevölkerung „unexakt, lückenhaft und unzureichend“ waren. Zudem habe es keine Pläne für Einsparungen beim Wasserverbrauch gegeben. Das zweite Projekt mit sechs Reservoirs wurde im Urteil auch als „überdimensioniert“ abgelehnt.

Das Urteil von Poitiers ist eine Wende. Noch im April hatte die Justiz die Klagen gegen die Baubewilligung für 16 weitere Mega-Wasserbecken in derselben Region abgewiesen. Darunter war auch jenes von Sainte-Soline, wo es vor einem Jahr bei einer Demonstration auf dem Baugelände zu heftigen Zusammenstößen mit einem Großaufgebot von Polizisten gekommen war.

In der Folge hatte Innenminister Gérald Darmanin die Protestierenden „Ökoterroristen“ genannt. Der neue Gerichtsentscheid gibt den Demonstrierenden dagegen nun recht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen