01.03.2023 | Kommentar VON BIRGIT HOFMANN hier im Südkurier
Noch vor gut 20 Jahren war Außenpolitik reine Männersache. Dies ist zum Glück inzwischen anders – zumindest in Deutschland. Doch wenn eine grüne Ministerin, Frau dazu, sich eine feministische Außenpolitik auf die Fahnen schreibt, lässt die reflexhafte Kritik nicht lange auf sich warten – und das, obwohl dieses Prinzip im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien steht.
Wovor haben die Kritiker Angst? Gefordert werden hier keineswegs Sonderrechte für Frauen, sondern ganz lapidar – Gleichberechtigung.
Wenn hier von Frauen die Rede ist, geht es auch um die Schwachen der Gesellschaft, um Mädchen und Ältere. Frauen im ehemaligen Jugoslawien mussten jahrelang dafür kämpfen, dass die Vergewaltigungen, die sie erleiden mussten, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet wurden. In der Ukraine wiederholen sich diese Verbrechen. Im Iran erheben sich die Frauen gegen die Mullahs. Es ist ein weites Feld, das Baerbock betritt – doch es ist höchste Zeit, dies so wichtig zu nehmen.
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Das sind die Frauen auf dem Baerbock-Selfie
Wenn man das Foto sieht, macht es doch Freude. Annalena Baerbock ist keineswegs die große Ausnahme auf dem internationalen Bankett.
Da stehen 11 Außenministerinnen und machen zusammen lachend ein Selfie!
Wann gab es je so ein Mut-machendes Foto in der Vergangenheit?
In der hinteren Reihe haben sich von links versammelt:
- Donika Gërvalla-Schwarz, Außenministerin von Kosovo (sie ist auf dem Selfie nicht zu sehen, stand aber bei der Gruppe)
- Olta Xhaçka, Außenministerin von Albanien
- Hadja Lahbib, Außenministerin von Belgien
- Melanie Joly, Außenministerin von Kanada
- Catherine Colonna, Außenministerin von Frankreich
- Maria Ubach Font, Außenministerin von Andorra
- Thordis Kolbrun Reykfjörd Gylfadottir, Außenministerin von Island
- Annalena Baerbock, Bundesaußenministerin
- Die Selfie-Fotografin Tanja Fajon, Außenministerin von Slowenien
- Battsetseg Batmunkh, Außenministerin der Mongolei
- Dominique Hasler, Außenministerin von Liechtenstein
Baerbock will Frauen fördern
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will weltweit die Vormachtstellung von Männern überwinden und auf feministische Konzepte setzen. Dieses Ziel solle sich künftig durch alle Bereiche außenpolitischen Handelns ziehen, sagte Baer- bock im Anschluss an eine Kabinettssitzung in Berlin, bei der dieses Konzept beschlossen wurde. Auch in der Entwicklungspolitik sollen die Belange von Frauen stärker berücksichtigt werden.
„Wir rufen nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit“, sagte Baerbock. Es werde umgesetzt, was im Grundgesetz und der Erklärung der Menschenrechte stehe.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ergänzte, bei der Bekämpfung von Hunger, Armut und Ungerechtigkeit könne man „auf die Hälfte des Potenzials – nämlich die Frauen – nicht verzichten“. Die feministische Außen- und Entwicklungspolitik zielt darauf, weltweit die Vormachtstellung von Männern zu überwinden und zu echter Gleichberechtigung zu kommen. Die Strategie solle auch nach innen wirken. Baerbock sagte, dass nur 26 Prozent der deutschen Botschaften von Frauen geleitet würden. Dort gebe es „also viel Luft nach oben“.
Kritik kam von der FDP und der Union. ...
Die Frauen im Fokus
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat ihre Vorstellungen für eine feministische Ausrichtung der Außenpolitik vorgestellt. „Wir rufen heute nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit – dafür sorgen, dass wir mit unserer Politik alle Menschen erreichen“, sagte Baerbock nach einer Sitzung des Bundeskabinetts in Berlin. Die feministische Ausrichtung werde sich „durch alle Bereiche der Außenpolitik ziehen“, sagte Baerbock und nannte als Beispiele Friedensmissionen, Krisendiplomatie, humanitäre Hilfe und auswärtige Kulturpolitik. Dabei gehe es im Kern um die drei „R“, sagte Baerbock – um die Rechte von Frauen, um Ressourcen für Frauen und Frauenförderung sowie um die Repräsentanz von Frauen. Baerbocks Ministerium führte das Konzept auf 88 Seiten aus. Es formuliert zehn Leitlinien, die sowohl das Wirken des Ministeriums nach außen als auch die innere Struktur betreffen. Die Leitlinien gelten für die Arbeit des Auswärtigen Amts, nicht jedoch für die der gesamten Bundesregierung.
„Wir sind nicht naiv“
Gemeinsam mit Baerbock stellte auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Leitlinien für eine feministische Entwicklungspolitik vor. Baerbock dämpfte die Erwartungen an die Wirksamkeit der neuen Leitlinien. „Feminismus ist kein Zauberstab, wir sind nicht naiv“, sagte sie. „Wir werden nicht alle Probleme lösen können, aber wir werden genauer hinschauen.“ Ihr gehe es dabei um einen „Realfeminismus“. Konkrete Auswirkungen könnten die Leitlinien auf die Verwendung der finanziellen Mittel des Ministeriums haben. Bis 2025 sollten 85 Prozent der Projektmittel „gendersensibel“ ausgegeben werden – das bedeutet, vor Verwendung der Mittel muss ausdrücklich ein Augenmerk darauf gelegt werden, wie Frauen davon profitieren. ...
Mehr Spitzenposten für Frauen
... „Feministische Außenpolitik heißt, dass wir besondere Verletzlichkeiten nicht nur sehen, sondern sie gezielt angehen, auch in unserer Projektförderung oder der humanitären Hilfe.“ „Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand unserer Gesellschaften“, heißt es in dem Konzept weiter. „Wo alle Menschen gleiche Chancen und Rechte haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, profitieren alle. Gesellschaften, in denen Gleichstellung verwirklicht oder zumindest angestrebt ist, sind friedlicher, gerechter, nachhaltiger und wirtschaftlich erfolgreicher als solche, die Frauen und andere von der Teilhabe ausschließen.“
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