Befragung zur Energie- und Verkehrswende
RND hier 05.07.2023,
Die Zustimmung für eine ambitionierte Klimapolitik ist in Deutschland viel höher als bisher angenommen. Das geht aus einer neuen Studie des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers 2023 hervor. Viele Menschen sehen demnach aber die eigenen Handlungsmöglichkeiten als ausgeschöpft an.Dies seien einige der wesentlichen Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers 2023, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) mit. Für die repräsentative Studie des Kopernikus-Projekts „Ariadne“ wurden den Angaben zufolge bundesweit mehr als 6.500 Menschen zu Themen der Energie- und Verkehrswende befragt. Die neuen Daten sollten am Dienstagabend veröffentlicht werden.
Die Zustimmung für eine ambitionierte Klimapolitik sei hoch, hieß es. 68 Prozent unterstützten die Energiewende, 54 Prozent die Verkehrswende. Für 41 Prozent der Befragten habe das Thema Klimaschutz an Bedeutung gewonnen. Es werde bewusst im eigenen Haushalt Energie gespart. Die Energie- und Verkehrswende treffe trotz vieler Unsicherheiten auf viel Zustimmung.
Mehrheit empfindet die Verteilung der Entlastungen als ungerecht
Bürgerinnen und Bürger seien jedoch mit den bisherigen Entlastungsmaßnahmen zur Abfederung von Inflation und gestiegenen Energiepreisen unzufrieden, hieß es weiter. Die Mehrheit, 52 Prozent, empfinde die Verteilung der Entlastungen als insgesamt ungerecht. 55 Prozent bemängelten vor allem, dass Menschen mit niedrigen Einkommen nicht ausreichend entlastet würden. 48 Prozent wünschten sich Lösungen, die zum Klimaschutz beitragen und zugleich die finanziellen Auswirkungen gestiegener Energiepreise abmildern.
Um Energieeinsparziele zu erreichen, habe ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger nach eigenen Angaben das eigene Verhalten aktiv geändert, hieß es weiter. 71 Prozent heizen demnach nicht mehr alle Räume und nehmen niedrigere Zimmertemperaturen in Kauf. 47 Prozent fahren seltener Auto. Für eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent der Menschen scheine jedoch das Einsparpotential im eigenen Haushalt ausgeschöpft. Zugleich werde eine stärkere Handlungsverantwortung bei der Industrie und in der Politik gesehen, als bei den Bürgerinnen und Bürgern im Land.
Befragte schätzen Unterstützung für den Klimaschutz geringer ein, als sie laut der Studie ist
Die Befragten schätzten zudem die Veränderungsbereitschaft ihrer Mitmenschen und deren Unterstützung für den Klimaschutz geringer ein, als sie tatsächlich zu sein scheinen, hieß es weiter. Während die Befragten nur bei einem Drittel der Bevölkerung Zustimmung zum Windenergieausbau vor Ort vermuteten, stimmten tatsächlich 59 Prozent der Errichtung solcher Anlagen zu. Ähnlich sei es beim Thema Energiesparen. Die Befragten vermuteten, dass nur knapp über die Hälfte der Mitmenschen bereit sei, weniger Strom und Gas zu verbrauchen. Die Zustimmung zum Energiesparen liege jedoch bei 77 Prozent.Der Nachhaltigkeitsexperte Ortwin Renn betonte, eine verzerrte Wahrnehmung der tatsächlichen Meinungsverhältnisse zum Ausbau erneuerbarer Energien könne sich negativ auf die Genehmigung solcher Anlagen auswirken. Der Politik werde der falsche Eindruck vermittelt, vor Ort wolle sich niemand an der Umsetzung der Energiewende beteiligen. Die Aufklärung über Mehrheitsverhältnisse zu einzelnen Maßnahmen der Strom- und Verkehrswende sei sehr wichtig für den politischen Diskurs und Entscheidungsprozess.
auch Grafik oben rechts: https://ariadneprojekt.de/
Wie die Forschenden die Ergebnisse einordnen:
Ko-Autorin Benita Ebersbach vom RIFS: „Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine gerechte Verteilung der Lasten, die durch die Energie- und Verkehrswende entstehen. Dabei geht es ihnen nicht nur um finanziellen Ausgleich, sondern um eine gleichberechtigte Teilhabe am Verkehrssystem, wie die Umfragewerte des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers zeigen.“
Ko-Autor Jean-Henri Huttarsch vom RIFS: „Selbst vor dem Hintergrund von Krieg und Inflation halten die Menschen in Deutschland den Klimawandel für eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme. Verantwortlich für die Lösung dieses Problems sind in den Augen der BürgerInnen alle – die Bevölkerung selbst, aber neben Wirtschaft und Industrie vor allem auch die Politik. Ein klarer Appell, weiter an wirksamen und sozial ausbalancierten Klimaschutzmaßnahmen zu arbeiten.“
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