Sonntag, 28. Juli 2024

Das Märchen vom hocheffizienten Verbrennungsmotor

 

ein Video auf Youtube  hier,
ist zwar von der Bild-Zeitung mit einem  erwartbar rückwärtsgerichteten Moderator, der hält das auch bis zum Schluss durch.
Aber  der Ford-Chef ist ganz klar in seiner Aussage und es lohnt sich zuzuhören!

Ford-Chef zum Verbrenner-Aus 2035



Spiegel hier  Von Haiko Tobias Prengel • 18.07.2024

Falsche Hoffnung auf alte Technik: Benzin- und Dieselfans träumen von einer neuen Motorengeneration, sauber und sparsam wie nie zuvor. Bald soll der Bundestag darüber abstimmen. Doch sind solche Wunderaggregate überhaupt machbar?



Der Wundermotor von Toyota soll klein, kompakt und effizient sein wie nie zuvor. Eine potenzielle »Game-Changer-Lösung« seien die neuen Vierzylinder, schwärmte Technologiechef Hiroki Nakajima. Verbrennungsmotoren werden seit über 100 Jahren gebaut. Doch die neuen Benziner seien im Vergleich zum aktuellen Entwicklungsstand »komplett anders«.

Ist das letzte Wort über die totgesagte Technik doch noch nicht gesprochen?

Sogar der seit dem Abgasskandal in Verruf geratene Diesel steht angeblich vor einem großen Comeback: Beim Weltkongress für Verbrennungsmotoren in Tianjin (China) präsentierte der Motorenhersteller Weichai Power im April den weltweit ersten Selbstzünder, der auf einen Wirkungsgrad von über 53 Prozent kommen soll. Der Wirkungsgrad sagt etwas über die Effizienz eines Verbrenners aus – herkömmliche Dieselmotoren kommen auf einen Wert von rund 43 Prozent.

Bis die neuen Aggregate in Serie gehen, wird es noch eine Weile dauern. 
Freunde des Verbrennungsmotors frohlocken aber bereits. Für sie ist die Ankündigung ein weiteres Argument, das EU-Aus für neu zugelassene Benziner und Diesel ab 2035 infrage zu stellen. Zwar ist längst belegt, dass Elektroautos weniger klimaschädlich sind. Doch von der Industrie angekündigte Verbesserungen bei Verbrennern – auch nur geringfügige – wecken die Hoffnung, dass die vertraute und geliebte Technik womöglich doch noch eine Chance hat.

So will sich die CDU nicht mit dem Aus für Benziner und Diesel abfinden. Der »klimafreundliche« Verbrenner müsse weiterentwickelt werden, ließ der Verkehrsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß, im Juni wissen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht teilte Ende Mai mit, den EU-Erlass im Bundestag zur Abstimmung zu stellen. Statt haarsträubender Verbote brauche es Technologieoffenheit und damit eine Zukunft für »hocheffiziente Verbrenner«.

Seit Jahrzehnten tüfteln Ingenieure an besseren Verbrennern, mit bescheidenem Erfolg. So blieb der Pkw-Durchschnittsverbrauch trotz Effizienzverbesserungen in den vergangenen Jahren konstant. Gibt es tatsächlich mal einen technischen Fortschritt, baut die Industrie bald umso größere Fahrzeuge, sodass unterm Strich kein Tropfen Sprit eingespart wird.

Auch einzelne aktuelle Modelle zeigen, dass sich zuletzt wenig getan hat. Ford etwa preist seinen Bestseller Focus als einen Benziner mit »bemerkenswerter Effizienz« an. Um Sprit zu sparen, setzen die Kölner seit Jahren auf besonders kleine Dreizylinder-Motoren. Bloß einen Liter Hubraum hat der Focus 1.0 Ecoboost. Doch der ADAC maß beim Focus über sechs Liter Verbrauch auf 100 Kilometer. Ganz schön viel für einen Wagen, der angeblich mit Hightech auf Sparsamkeit getrimmt wurde. Vom alten Versprechen der Industrie, Dreiliterautos zu bauen, ist nicht viel geblieben.

Für Klima und Umwelt ist es umso schlechter, dass die meisten Menschen in Europa weiterhin ineffiziente Verbrenner nutzen und Elektroautos meiden. In Umfragen lehnt die Mehrheit das EU-Verbrennerverbot ab. Viele zweifeln zudem an der Umweltfreundlichkeit von Elektroautos.

Dabei haben diverse Studien längst deren Vorteile belegt. Das betrifft insbesondere die Effizienz. Beim batteriebetriebenen Auto geht kaum Energie verloren, bis zu 90 Prozent des bereitgestellten Stroms können zur Fortbewegung genutzt werden. Bei Verbrennungsmotoren verpufft dagegen ein Großteil der Energie als Abwärme. Diesel- und Benzinmotoren schaffen einen Wirkungsgrad von etwa 40 Prozent.

Dabei haben die Hersteller in den vergangenen Jahrzehnten viele Milliarden Euro in die Weiterentwicklung ihrer Motoren investiert. Zunächst mit Erfolg: Durch Innovationen wie Vierventiltechnik und Turbolader wurden die Motoren ab den Achtzigerjahren leistungsstärker und konnten kleiner gebaut werden. Strengere Emissionsnormen zwangen zum Einbau von Katalysatoren, was die Abgaswerte verbesserte.

Seitdem passierte wenig. Statt sparsamere Autos zu bauen, entwickelten die Hersteller schwerere und leistungsstärkere Modelle. Wissenschaftler nennen das den Rebound-Effekt. 1990 hatte ein Neuwagen im Schnitt 90 PS, heute sind es über 150 PS. Der Trend zu schweren SUV verstärkte das Problem. Die Effizienzgewinne wurden aufgefressen, und die Autos wurden nicht sparsamer.

Und nun soll der Verbrenner plötzlich viel besser werden? Viele Details verriet Toyota bislang nicht zu seinen neuen Wunderaggregaten. Eine Besonderheit soll der kürzere Kolbenhub sein. Kurzhuber ermöglichen bei gleichem Hubraum mehr Drehzahlen und mehr Leistung, die Motoren können kleiner gebaut werden. Zudem versuchten die Toyota-Ingenieure, den Wirkungsgrad zu verbessern. »Beim Lernen« soll ihnen ein Wasserstoffauto geholfen haben: der Toyota Mirai, der auf einen Wirkungsgrad von immerhin bis zu 70 Prozent kommt.

In solche Sphären werden es Otto- und Dieselaggregate aber kaum schaffen. »Heutige Verbrennungsmotoren sind bereits extrem effizient«, sagt der Heilbronner Maschinenbauprofessor Karsten Wittek. Die effizientesten Benziner erreichten heute um die 40 Prozent Wirkungsgrad und die effizientesten Dieselmotoren für Lkw knackten die 50-Prozent-Marke.

Mit viel technischem Aufwand wären sicherlich noch ein paar Prozentpunkte zu holen: »Den Elektromotor wird man aber nie schlagen können«, so Wittek. Der Grund sind physikalische Grenzen: Ein Verbrennungsmotor wandelt chemisch gebundene Energie über Wärmefreisetzung in mechanische Arbeit um, die ein Fahrzeug antreibt. Doch diese Energie lässt sich physikalisch bedingt nur mit einem bestimmten Wirkungsgrad in Arbeit umwandeln.

Zwar gibt es immer wieder Ansätze, die Effizienz zu steigern. Als vergleichsweise wirkungsvoll haben sich Hybridantriebe erwiesen, die einen Verbrennungsmotor mit E-Maschine und Batterie kombinieren. Diese Fahrzeuge können etwa Bremsenergie zurückgewinnen, was den Wirkungsgrad verbessert. Toyotas Modell RAV4 benötigt laut ADAC nur 5,6 Liter Benzin auf 100 Kilometern. Für ein großes SUV ist das nicht schlecht.

Umgerechnet verbraucht der RAV4 allerdings knapp 50 kWh auf 100 Kilometern. Der Energiegehalt von einem Liter Benzin beträgt knapp neun Kilowattstunden. Das elektrische SUV Tesla Model Y verbraucht laut ADAC lediglich 21,2 kWh. Ein E-Motor geht eben viel effizienter mit Energie um.

Die Hersteller bringen derweil neue Verbrennermodelle auf den Markt und behaupten, es gäbe große Innovationen. BMW wirbt beispielsweise mit »zukunftsweisenden Antrieben für ein Maximum an Effizienz«. Mercedes-Chef Ola Källenius bezeichnete Effizienz sogar als »neue Währung« bei der Antriebswende.

Statt sich auf Elektroautos zu konzentrieren, wollen die Stuttgarter jedoch bis Mitte der Dreißigerjahre am Verbrenner festhalten. Ein »Hightech-Vierzylinder« soll unter anderem den neuen CLA antreiben. Technische Details wollte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage nicht nennen. Bei der neuen Dieselgeneration setzt der Hersteller auf Motorblöcke und Zylinderköpfe aus Aluminium, um das Gewicht zu reduzieren. Wirklich neu ist das nicht: Mercedes setzte schon vor 30 Jahren auf Leichtbauteile bei seinen Motoren.

Zudem werden Verbrennermotoren komplexer, das erschwert Effizienzzuwächse. »Um die Emissionsvorschriften zu erfüllen, kommen immer mehr Aggregate in den Motor«, sagt der Berliner Maschinenbauingenieur Christoph Fiala, der für verschiedene Hersteller im Bereich Motorenoptimierung gearbeitet hat.

So müssten moderne SCR-Katalysatoren für die Abgasnachbehandlung konstant bei über 200 Grad gehalten werden. »Dabei geht viel Wärme und damit Energie verloren, die thermodynamisch durch sehr aufwendige zusätzliche Aggregate abgefangen werden muss«, so Fiala. Beim Dieselmotor seien auch die Einspritzanlagen immer komplizierter geworden, um die immer strengeren Emissionsvorschriften einzuhalten.

Die Industrie hält vor allem aus wirtschaftlichen Gründen am Verbrenner fest. Mit ihm erzielen die Unternehmen hohe Gewinne. Die Kunden kaufen diese Autos umso lieber, wenn die Technologie als fortschrittlich beworben wird. Eine Debatte über mögliche künftige Wunderverbrenner dürfte dabei helfen.

Der Verkauf von Elektroautos ist für die Hersteller bisher kaum profitabel – für die Autofahrer lohnen sich die Batteriefahrzeuge hingegen oft schon. Sie zu unterhalten, ist viel günstiger.

Ein Elektromotor hat weniger Verschleißteile als ein Benzin- oder Dieselmotor und kaum Nebenaggregate. Einige E-Auto-Fahrer haben nach 150.000 Kilometern noch keine Werkstatt für Inspektionen oder Wartungen angesteuert. Für Verbrennerfahrer wird es dagegen teurer, auch wegen steigender Spritpreise. Reparaturkosten sind in Deutschland so hoch wie nie, was auch auf die zunehmende Komplexität der Autos zurückzuführen ist.

Trotzdem träumen die Deutschen weiter von einer neuen Generation von Verbrennungsmotoren, die alle Effizienzrekorde brechen werden. »Deutschland muss aufhören, mit Scheindebatten den Verbrennerkompromiss weiter zu verwässern«, fordert die Umweltorganisation Transport and Environment (T&E). Wenn die Industrie eine Chance haben solle, den Rückstand bei der E-Mobilität auf die Konkurrenz aus China und den USA aufzuholen, brauche sie Investitionssicherheit, sagte Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland, dem SPIEGEL.

Viele Hersteller möchten dennoch möglichst lange Verbrenner in ihre Modelle einbauen. Unterstützt werden sie von konservativen Parteien, vor allem der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der CDU und CSU zählen. Geht es nach ihr, sollen Verbrennungsmotoren auch nach 2035 verkauft werden dürfen, wenn sie mit klimaneutral hergestellten Kraftstoffen wie Wasserstoff oder E-Fuels laufen.

Zu Recht, findet Maschinenbauprofessor Karsten Wittek: Denn nicht der Verbrennungsmotor sei »der Quell des Übels«, sondern die fossilen Treibstoffe. Auch der Wirkungsgrad werde zur Nebensache, wenn es zukünftig genügend klimafreundliche Treibstoffe zu akzeptablen Preisen zu kaufen gibt.

Doch woher die grüne Energie kommen soll, um diese Kraftstoffe in Masse herzustellen, ist derzeit nicht absehbar. Um im Pkw mit E-Fuels 100 Kilometer zu fahren, sind laut Fachleuten 130 bis 150 Kilowattstunden erforderlich – fast das Zehnfache im Vergleich zu einem Batteriefahrzeug.

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