22.06.2021 im Südkurier |
Seit sechs Jahren wird im Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) über die Fortschreibung des Regionalplans für die drei Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen verhandelt. Auf den letzten Metern wird nun die Zeit knapp.
Die Mitglieder des Planungsausschusses hörten Fachvorträge zu den verschiedenen Themen – darunter zum Klimaschutz. Nadine Kißling, Referentin für Planung beim RVBO, ließ die Proteste der vergangenen Monate Revue passieren. Wie RVBO-Direktor Wilfried Franke betonte auch sie, dass der Regionalplan nur Optionen vorgebe. Insgesamt handelt es sich um eine Querschnittsplanung.
Kommunen für Klimaziele verantwortlich
Der Klimaschutz ist kein eigenes Ziel des Planungsverfahrens. Das liegt vor allem daran, dass die Kommunen selbst für die Umsetzung verantwortlich sind. Für die Realisierung konkreter Klimaziele müsste der RVBO in die Bauleitplanung eingreifen – und das ist laut Kißling eben nicht vorgesehen: „Die Steuerungskompetenzen sind in Deutschland weitläufig verteilt.“
Das Bundesverfassungsgericht hat den Klimaschutz mit einem Urteil gestärkt und im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung findet sich unter anderem ein Biosphärengebiet. Nadine Kißling sagte: „Der Koalitionsvertrag macht Hoffnung, dass sich die Instrumente für die Regionalplanung verbessern.“
Gleichzeitig Flächen sparen und ausweisen
Über die Grundsätze und Ziele des Verfahrens sprach Rainer Beuerle vom Fachbereich für regionale Siedlungsstruktur. Er verdeutlichte anhand von Gegensatzpaaren, vor welchen Herausforderungen der RVBO steht. Ein Beispiel: Einerseits der Vorwurf, einen zu geringen Beitrag zum Flächensparen zu leisten. Andererseits die Forderung, dem Wohnraummangel entgegenzuwirken und Flächen für Gewerbeansiedlung zu schaffen.
In Friedrichshafen-Hirschlatt und Salem sind Schwerpunkte für Industrie und Gewerbe vorgesehen. Gemeinderäte und Aktionsbündnisse lehnen diese mehrheitlich ab. Im Bodenseekreis sind Beuerle zufolge 120 Hektar für die Ansiedlung von Gewerbe eingeplant. Mit der Streichung der Flächen in Hirschlatt und Salem würde etwa die Hälfte davon wegfallen. Der Ansatz sei, an diesen Flächen festzuhalten, so Beuerle.
Kulturdenkmal und Fledermäuse in Hirschlatt
Das Landesdenkmalamt hatte hinsichtlich Hirschlatt den benachbarten Kehlhof ins Spiel gebracht. Dieser ist denkmalgeschützt. Auch wurden im angrenzenden Waldgebiet Fledermäuse entdeckt. Minderungsmaßnahmen müssten jedoch auf Landesebene ergriffen werden, erläuterte Beuerle.
In Salem geht mit dem Vorrangebiet die Streichung eines Grünzuges einher. Der Kritik daran nahm sich Harald Winkelhausen an. Er verantwortet im RVBO die Gebiete Grundzüge der räumlichen Ordnung und Entwicklung der Region, regionale Freiraumstruktur sowie Landschaftsrahmenplanung.
Bezüglich der Grünzüge und -Zäsuren sagte er: „Im Vergleich zu 1996 haben wir ein gutes Verhältnis gefunden, was Grünzüge betrifft.“ Aktuell gilt dieser Plan noch. Zur Debatte steht derzeit die zweite Entwurfsfassung für dessen Fortschreibung bis 2035. Winkelhausen berichtete, dass man im Vergleich zum ersten Entwurf „ein kleines Plus“ an Grünflächen verzeichne. Auf den Grünzug in Salem kann seinen Ausführungen nach verzichtet werden, weil das Gewerbegebiet zwischen Neufrach und Buggensegel bereits einen Riegel darstelle.
Wilfried Franke zum Kiesabbau: „Wir haben hier eine Aufgabe“
Weiterhin im Plan sind ebenfalls die Kiesabbaugebiete. RVBO-Direktor Franke appellierte: „Wir haben hier eine Aufgabe, die weit über die Region hinausgeht.“ Die Vorräte seien in vier, fünf Jahren aufgebraucht. Das Land Franke zufolge einen Versorgungsauftrag. Am lautesten bemängelt wird der vorgeschlagene Kiesabbau im Altdorfer Wald im Kreis Ravensburg. Alternativplanungen wurden eingefordert. „In Summe sind es die schlechteren Standorte“, erläuterte Franke. Auch hätten zwei Gemeinderäte schon abgelehnt, ihre Beiträge zu leisten.
Ist Recycling von Baustoffen möglich?
Die Gemeinde Leutkirch hatte vorgeschlagen, in der Region mehr Recycling von Baustoffen zu betreiben. Dieser Forderung schlossen sich ebenso einige Mitglieder des Planungsausschusses an. RVBO-Experte Ulrich Donath erklärte allerdings: „Das sind Aufgaben, die nicht in der Regionalplanung liegen.“
Johannes Übelhör (Bündnis 90/Die Grünen) und Norbert Zeller (SPD) nahmen die Ausschussmitglieder in die Pflicht. Übelhör erklärte: „An Sie alle im Raum die Bitte, sich ganz konstruktiv dem Thema Baustoffrecycling zuzuwenden.“ Zeller schloss in seinem Redebeitrag daran an: „Es ist kein Auftrag des Regionalverbands. Geben Sie das ans Land weiter, damit wir entsprechend handeln können.“
Weiterbau der B 31-neu keine Baustelle der RVBO-Planer
Dies sollte genauso für die Einwendungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Straßennetzes gelten. Der Weiterbau der B 31-neu im Bodenseekreis ist nicht die Baustelle der RVBO-Planer. „Der Regionalverband plant und baut keine Straßen. Das macht die Fachplanung“, betonte Malte Grunow, der das Thema Verkehrsinfrastruktur bearbeitet.
Die Ausschussmitglieder taten sich teils schwer mit den Ausführungen. Vor allem in Bezug auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit meldeten sich die Grünen zu Wort. Ulrich Walz (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Wir alle, die Bürger, die Kommunen, stecken in der Falle. Der Klimawandel findet statt. Wir können nur bremsen und vorsorgen.“
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