Freitag, 18. Juni 2021

"Fronten zum Regionalplan für die Region Bodensee-Oberschwaben verhärten sich"

 Annette Vincenz  hier in der Schwäbischen Zeitung

Überraschend hat der Planungsausschuss der Regionalversammlung am Mittwoch in Horgenzell noch keine Empfehlung für den neuen Regionalplan ausgesprochen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die endgültige Verabschiedung des raumordnerischen Rahmenplans für die weitere Entwicklung in den Landkreisen Ravensburg, Bodensee und Sigmaringen bis zum Jahr 2035 am kommenden Freitag in Pfullendorf gefährdet wäre. ....

Verbandsdirektor Wilfried Franke machte noch einmal deutlich, dass die Vorgaben im Regionalplan lediglich ein Angebot für die Kommunen darstellen würden – und keine Pflicht zur Bebauung. Daher fand er es unfair, „wenn man uns Flächenfraß vorwirft“. Und hinsichtlich der Biotopvernetzung sei keine andere Region so weit wie Bodensee-Oberschwaben.

Anmerkung: ein ziemlich scheinheiliges Geschwätz, finde ich. Hr. Franke weiß genauso gut wie ich, dass der Regionalplan kein Freifahrschein für machthungrige Kommunalpolitiker und "Kies"-gierige Unternehmer sein darf.
Der Regionalverband hat lenkende Funktion, das ist unbestritten, und in dieser Funktion täte es den Herren gut, auch mal  über die Auswirkungen des Klimawandels nachzudenken. Wenn man eine lenkende Funktion inne hat, kann man sich nicht hinter "ungenügenden Gesetzen" verstecken und  internationale und nationale Ziele als "pure Hochglanzbroschüren" bezeichnen, an die "man" sich nicht halten muss. Damit disqualifiziert man sich selbst in seiner Kompetenz.

 „Die Begriffe Flächenfraß und Klimahöllenplan weise ich zurück. Sollten wir etwas falsch gemacht haben, können Sie ganz entspannt sein“, sagte er in Richtung der Kritiker. Denn würde das neue Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen zu dem Ergebnis kommen, dass im Plan Fehler oder rechtswidrige Passagen vorkämen, würden diese unweigerlich einkassiert. Das Ministerium hatte sich erst am 9. Juni zum Planentwurf geäußert und tatsächlich einiges kritisiert. Etwa fehlende Begründungen für den prognostizierten Flächenbedarf. Da dieser stark von den Prognosen des Statistischen Landesamtes abweicht

Anmerkung: das ist nichts Neues, das wurde schon zur 1. Anhörung bemängelt.
Tatsache ist: selbst die Mitglieder des Gremiums können die vorgelegten Flächenbedarfe nicht nachvollziehen. Sie fordern seit Jahren! Klarheit, Herr Franke hat seine Berechnungen nie nachvollziehbar dargestellt. Er erwartet aber, dass die Mitglieder des Gremiums seine Zahlen abnicken (was ein Großteil ja auch ganz brav und unkritisch  macht).

Auch sieht das Ministerium Widersprüche in der Argumentation beim Regionalverband. Weder beim Wohnraumbedarf (1000 Hektar) noch beim Gewerbe- und Industrieflächenbedarf (1200 Hektar) sei klar, ob die bereits vorhandenen Flächenpotenziale berücksichtigt worden seien oder nicht. 

Walter Widler (ÖDP) meinte, die Bürgermeister und Oberbürgermeister in der Verbandsversammlung würden unter dem Druck stehen, wiedergewählt zu werden, und müssten daher „möglichst viel Wohnraum generieren“. Die Zahlen seien nicht nachvollziehbar. Verbandsvorsitzender Thomas Kugler (CDU), Bürgermeister von Pfullendorf, verwehrte sich „gegen diese böswillige und bösartige Unterstellung“, man würde mit den Zahlen tricksen. Laut Regionalverbandsverwaltung basieren diese auf zwei Schätzungen des Wirtschaftsforschungsunternehmens Prognos und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und lägen in deren Mittelfeld. 

Rapp und Norbert Zeller (SPD) warfen den Grünen indirekt auch eine Doppelmoral vor. Vor allem in Hinsicht auf den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald. ..Der Pachtvertrag stamme aus dem Jahr 2017. „Das Land ist Eigentümer und könnte sagen: ,Wir wollen das nicht’“, meinte Rapp. 

Regionalverbandsdirektor Franke erinnerte daran, dass die Region „steinreich“ (an Kies) sei und daher einen staatlichen Versorgungsauftrag für das ganze Land habe.  Rainer Magenreuter: „Wo wären wir, wenn es keine Exporte und Importe gäbe?“

Anmerkung: ich glaube, sowohl die Freien Wähler als auch die CDU werden sich irgendwann angesichts der heutigen, sich dramatisch verschärfenden Krisen, mit der Frage auseinandersetzen müssen: Lässt man unnötige LKW-Fahrten weiter in diesem Ausmaß zu, lässt man unnötige CO2-Belastung weiter in diesem Ausmaß zu? Lässt man eine massive Belastung der Bürger durch Lärm und Abgas weiter in diesem Ausmaß zu?
Es ist genauso scheinheilig sich hier hinter irgendwelchen Import/Export Statistiken zu verstecken.

Wir stecken in einer existenzbedrohenden Krise, wir brauchen -heute mehr denn je - mutige Menschen in lenkender Funktion, die über den Tellerrand hinaus zu sehen bereit sind, um adäquat  handeln zu können. Scheinheiligkeit, gepaart mit selbstherrlicher Denk-Bequemlichkeit und Gier, das ist die bedrohlichste aller Optionen für uns Bürger. Der Regionalverband hat mit seinem Plan versagt!

Den Mitgliedern wird das wohl langsam tief im Innern bewusst, wenn sie jetzt nach dem Land schreien, das rettend eingreifen soll. Fast schon lustig: ein Gremium, das sich unter dem Signum "Kommunale Planungshoheit" bisher gegen jede Einmischung verwehrt hat, gibt jetzt zu verstehen dass es auf die Schnelle einen möglicherweise fehlerhaften Plan verabschieden will, damit das Land dann korrigierend eingreifen kann.

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