Hier ZDF 14.11.2024 | Klimaforscher Höhne
COP29: Klimaforscher hält Trump-Faktor für "verkraftbar"Im Rahmen der Weltklimakonferenz ist der neue Climate Action Tracker zum Stand der globalen Erwärmung erschienen. Die Welt trete auf der Stelle, so Mitverfasser Niklas Höhne.
Kontinuierlich analysiert der Climate Action Tracker des NewClimate Institute die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft in Sachen Klimaschutz. Und ob die reichen, die globale Erwärmung unter zwei Grad, der oberen Zielmarke aus dem Pariser Klimaabkommen, zu halten. Dafür werden Daten, Zielfestlegungen und politische Entwicklungen in den wichtigsten Staaten unter die Lupe genommen. ZDFheute sprach mit dem Gründer des NewClimate Institute, Niklas Höhne.
ZDFheute: Herr Höhne, warum kommt der Klimaschutz gerade nicht von der Stelle?
Niklas Höhne: Wir sehen zwei gegenläufige Trends. Auf der einen Seite boomen die erneuerbaren Energien. Sie gehen schneller voran denn je und überraschen uns jedes Jahr wieder. Das ist positiv. Negativ ist, dass der Energiehunger steigt, dass auch die fossile Infrastruktur ausgebaut wird. Und diese beiden Trends heben sich leider gerade auf. Doch ab 2030 dürfte das Wachstum der Erneuerbaren dazu führen, dass die Emissionen viel schneller sinken, als angenommen wurde.
ZDFheute: Das heißt, es hängt jetzt davon ab, wie schnell man erneuerbare Energien weltweit ausbaut?
Höhne: Ja, so schnell wie irgend möglich. Ein zu schnell gibt es gar nicht. Denn dann wird es eine Überkapazität geben. Und in einer Situation mit einem Überfluss an fossilen und erneuerbaren Energien, werden die Erneuerbaren immer gewinnen, weil Wind und Sonne, wenn die Anlagen stehen, quasi umsonst produziert werden können.
ZDFheute: Wie groß ist der Trump-Faktor? Kann man ihn schon einrechnen?
Höhne: Wenn sich der Schaden, den der künftige US-Präsident Trump anrichten kann, mit dem Aufheben und Ändern von Gesetzgebung auf die USA begrenzt, dann rechnen wir mit einem Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts, den man fast nicht messen kann, also unter einem Zehntel Grad. Der Trump-Faktor ist verkraftbar. Ein größeren Effekt hätte es, wenn sich andere Länder auch zurücklehnen und sagen, okay, wir müssen nichts mehr machen, weil einer der größten Emittenten nicht mehr dabei ist.
Niklas Höhne ...
... ist Experte für Klimapolitik, Mitbegründer des NewClimate Institute und Professor an der Universität Wageningen. Er war an über 300 Studien zu internationaler und nationaler Klimapolitik beteiligt.
ZDFheute: Im vergangenen Jahr hat die Weltgemeinschaft beschlossen, aus den fossilen Energien auszusteigen. Schlägt die Öl- und Gaslobby nun zurück, steht sie vor einem Comeback?
Höhne: Ich habe schon das Gefühl, dass Öl- und Gasunternehmen merken, es geht ihnen an den Kragen, und dass sie gegensteuern müssen. Das ist stärker geworden. Aber die erneuerbaren Energien sind nun mal so günstig und in diesem Fall wird es der Markt regeln.
ZDFheute: Was ist Ihr Eindruck von der COP nach den ersten Tagen?
Höhne: Die ganze Konferenz steht unter keinem guten Stern. Wir haben globale Krisen, wir haben die Wahl von Trump. Wir haben insgesamt bei den Demokratien einen Rechtsruck. Das sieht alles nicht so gut aus. Mein Highlight bislang war, dass der Gouverneur von Washington ganz klar gesagt hat, sein Bundesstaat steht für Klimaschutz, und eben die Hälfte der USA. Vielleicht initiiert die Wahl Trumps mehr Aktivität von diesen Staaten, weil sie ihm beweisen wollen: Hey, wir wollen das anders machen. Das gibt mir ein bisschen Hoffnung.
ZDFheute: Drei kurze Statements, die in Baku gefallen sind:
1. Der aserbaidschanische Staatspräsident erklärte, Öl und Gas seien ein Geschenk Gottes, das wir nutzen sollten.
Höhne: Aus meiner Sicht sind eher Wind und Sonne ein Geschenk Gottes. Damit kriegen wir die Energiewende hin, ohne dass wir das Klima schädigen.
2. Ungarns Regierungschef Viktor Orban sagte, die EU solle daran denken, Öl und Gas zu nutzen.Höhne: Die EU ist gut daran beraten, aus Öl und Gas so schnell wie irgend möglich auszusteigen. Denn die Schäden des Klimawandels würden uns sonst überrollen.
3. Und der CEO von Exxon Mobil, einem US-Ölgiganten, erklärte, Donald Trump solle auf keinen Fall das Pariser Klimaabkommen kündigen oder den Klimaschutz zurückdrehen?
Höhne: Vielleicht möchte er einfach besser dastehen, als er es wirklich tut. Auch Exxon investiert weiter in die fossilen Energien und muss damit unbedingt aufhören.
Das Gespräch führte ZDF-Umweltexperte Andreas Stamm auf der COP29 in Baku.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen