Donnerstag, 7. November 2024

Weil sie sich von unseren geliebten Hunden, und von uns selbst, gar nicht so groß unterscheiden.....

  

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Wahrscheinlich geht es Ihnen so wie mir: Hunde und Katzen sind mir nahe, Schweine, Kühe oder Hühner dagegen eher weniger. 

Das mag daran liegen, dass erstere bei uns Menschen zu Hause leben, wir mit ihnen kuscheln, sie neben unserem Bett schlafen lassen, ihnen zu essen geben. 

Bei Nutztieren ist es anders: Wir haben kaum mit ihnen zu tun, außer, wenn sie auf unseren Tellern landen. Um das für uns selbst zu rechtfertigen, setzen wir uns lieber nicht so richtig mit ihnen auseinander. Wir beschäftigen uns nicht groß damit, wie sie fühlen oder ob sie womöglich schlauer sind, als wir denken. Intelligente Tiere zu essen passt nicht zu unseren moralischen Überzeugungen. 

Dabei sind Nutztiere in Wahrheit zu erstaunlichen Dingen fähig, wie mein Kollege Jakob Pallinger in seinem Artikel schreibt hier. Hühner etwa sind nicht nur jeweils ganz eigene Persönlichkeiten – sie können es auch in puncto Intelligenz durchaus mit einigen Primaten, Hunden und Katzen aufnehmen. Beispielsweise können sie rechnen und logische Schlussfolgerungen ziehen, die Kinder erst mit sieben Jahren lernen, sich selbst im Spiegel erkennen, eine Art Mitgefühl für andere empfinden oder andere Artgenossen täuschen.

Die Verhaltensforscherin Liza Moscovice beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem sozialen Verhalten von Schweinen und sagt, dass sie uns Menschen in vielen Aspekten nicht unähnlich sind. "Viele Fähigkeiten, die uns als Menschen ausmachen, etwa unsere sozialen Bindungen oder unsere Emotionen, gehen auf eine tausendjährige Evolution zurück, die nicht mit dem Menschen begann, sondern mit anderen Tieren." Zum Beispiel seien auch Schweine zu Empathie fähig. Wenn sie sehen, dass andere leiden oder negative Erfahrungen machen, zeigen sie ebenfalls Zeichen von Stress und Furcht. Ebenso versuchen sie, ihren Artgenossen zu helfen.

In einem Experiment isolierte Moscovice ein Schwein vorübergehend von seiner Gruppe in einem anderen Abteil, das sich nur von außen mit einem Hebel öffnen ließ. Durch ein Gitter konnten sich die Schweine nach wie vor sehen und hören. Das Ergebnis des Versuchs ist interessant: "85 Prozent der Schweine befreiten das eingesperrte Tier innerhalb von zwei Minuten." Je gestresster das eingesperrte Tier war und je mehr Hilferufe es ausstieß, desto schneller kam die Hilfe. "Schweine reagieren sehr sensibel auf die Bedürfnisse anderer."

Ganz ähnliche Beobachtungen machte auch die Verhaltensforscherin und Tierärztin Marianne Wondrak. Seit zehn Jahren analysiert sie eine Gruppe von 40 Schweinen in Salzburg und sagt: "Ich fühle mich da manchmal wie in einer Schulklasse." Einige der Tiere seien eher ruhig und schüchtern, andere ganz besonders neugierig, laut oder stiften Unruhe. "Jedes Schwein hat eine ganz eigene Persönlichkeit." Wie Wondrak bei ihrer Forschung erkannte, lernen Schweine auch sehr schnell, von Menschen, von Artgenossen, und ganz generell durch Beobachtungen. Sie bilden enge Freundschaften, kommunizieren und geben anderen Schweinen damit über ihre Gefühlslage Aufkunft.

Nicht zuletzt bringen auch Ziegen und Kühe beachtliche Fähigkeiten mit, wie Sie im Artikel meines Kollegen nachlesen können. Für Forschende ist daher klar: Wir müssen die Haltung von Nutztieren grundlegend überdenken. Expertin Wondrak sagt für den Fall der Schweine: "Das Problem ist die Omnipräsenz von Schweinefleisch, die gedankenlose Leberkässemmel zwischendurch und die riesige Industrie, die auf billigem Fleisch aufbaut." Die Folge seien zugleich gestresste und gelangweilte Tiere in viel zu vollen Ställen, die einerseits keine stabilen sozialen Bindungen eingehen können und andererseits kognitiv extrem unterfordert sind.

Wie auch die anderen Fachleute ist sie sich sicher: Es braucht eine artgerechte Haltung, ein gutes Leben – auch für Nutztiere. Wir Menschen müssten ihnen wieder mehr auf Augenhöhe begegnen. Sie als mehr sehen als das nächste Schnitzel oder Backhendl auf dem Teller. Weil sie sich von unseren geliebten Hunden, und von uns selbst, gar nicht so groß unterscheiden. 

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen

Lisa Breit

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