Montag, 18. April 2022

"Putin will Hunger verstärken"

Verfolgt Putin hier eine ganz eigene Strategie des Aushungerns der Weltengemeinschaft, die erst langsam in unser Bewusstsein dringt? Weshalb nur wurden diese verheerenden Zusammenhänge bisher nicht bedacht?

Umso wichtiger erscheint es vor diesem Hintergrund, unsere nachhaltige Landwirtschaft für die Zukunft zu stärken -  was natürlich unter Beachtung der Biodiversität , der Bodenerhaltung und dem Erhalt unserer Wasserressourcen erfolgen muss, wenn es erfolgreich sein soll.
Umso wertvoller sind Bemühungen zur Bodenregeneration (hier),  wie sie gerade auch in Salem in der Markgräflichen Landwirtschaft erfolgt (hier) und natürlich auch in anderen Betrieben und Solidarischen Landwirtschaftsprojekten.

Doch auch die Problemregionen in Afrika rücken dadurch in den Focus.  Dort muss mehr passieren, um der Bevölkerung echte Überlebensperspektiven zu bieten, wenn man nicht riesige Fluchtbewegungen in Kauf nehmen möchte.

Dass Rußland durch die Klimakrise gewinnen könnte ist schon länger in der Diskussion, siehe dazu die Artikel unten, die sich mit diesem Thema befassen.

NTV hier  17.04.2022

Ernährungsminister Özdemir sieht eine klare Strategie im Kreml - "die Strategie des Aushungerns". Offenbar gezielt verwüsteten russische Truppen die landwirtschaftliche Infrastruktur und Lieferketten in der Ukraine, was weltweite Folgen habe. Özdemir zieht daraus vor allem eine Konsequenz.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dringt auf eine Ausweitung der Waffenlieferungen in die Ukraine, um eine globale Hungerkatastrophe abzuwenden. "Russlands Krieg gegen die Ukraine entpuppt sich immer mehr als ein Angriff gegen die internationale Staatengemeinschaft", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Darum ist es so wichtig, dass der Westen die Ukraine mit weiteren wirkungsvolleren Waffen unterstützt - und da sollte sich Deutschland nicht ausnehmen."

 "Putins Strategie ist es, Konflikte zu schüren, und sein Mittel dafür heißt: den Hunger verstärken", so Özdemir. "Uns erreichen alarmierende Nachrichten aus der Ukraine, wo russische Truppen offenbar gezielt auch landwirtschaftliche Infrastruktur und Lieferketten zerstören." Das könne sich langfristig auf die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Landwirtschaft und damit auf die Weltversorgung auswirken.

Betroffen von Putins "Strategie des Aushungerns" seien vor allem die Länder Afrikas, in denen viele Menschen schon jetzt zu wenig zu essen hätten, beklagte der Minister. Die Lage verschärfe sich durch die Klimakrise, die bereits heute katastrophale Ernteausfälle verursache.

UN in der Pflicht

Um die globale Versorgungslage in den Griff zu bekommen, müsse der Welternährungsausschuss der Vereinten Nationen eine zentrale Rolle übernehmen, forderte Özdemir. "Hier müssen wir uns über grundsätzliche, strukturelle Fragen der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik weltweit verständigen." Globale Herausforderungen brauchten globale Lösungen.

Der Landwirtschaftsminister verwies darauf, dass die Bundesregierung die humanitäre Hilfe für die Ukraine von 64 Millionen auf 370 Millionen Euro aufstocke. Damit könne auch die Arbeit des Welternährungsprogramms massiv ausgeweitet werden. Zudem würden 430 Millionen Euro für die globale Ernährungssicherung bereitgestellt, davon 150 Millionen Euro für die Sonderinitiative "Eine Welt ohne Hunger".


Watson hier

Neue Chance als Großmacht?
Wie Russland vom Klimawandel profitieren will

Russlands Exportstopp infolge des Ukraine-Kriegs legt offen, wie abhängig viele Länder von seinen Agrargütern sind. In der fortschreitenden Klimakrise sieht die russische Politik einen klaren Standortvorteil. Watson hat diese Position von einem Agrarexperten des Leibniz-Instituts einschätzen lassen.

...Florian Schierhorn: Russland ist eines der Länder, das schon jetzt als Profiteur des Klimawandels gehandelt wird – zumindest aus Sicht der russischen Politik und auch großen Teilen der russischen Bevölkerung. Man geht davon aus, dass vor allen Dingen der Norden Russlands mit der zunehmenden Wärme in der Landwirtschaft stark profitieren wird. Das ist wissenschaftlich teilweise fundiert, zumindest was die nördlichen Regionen betrifft. Heute befindet sich der Großteil aller russischen Ackerflächen in der zentralen Schwarzerde-Region, wo auch 80 Prozent der Getreideernten angebaut werden...

mit der zunehmenden Wärme wird der sonst hier vorherrschende Winter weniger streng; auch die Wachstumsperiode weitet sich mit dem Temperaturanstieg sogar nördlich der Schwarzerde-Region Richtung Moskau aus. Mit dieser Verschiebung könnte hier also bald eine riesige Fläche für den Ackerbau geeignet sein...

Betrachtet man allein die Entwicklung von neuen Anbauflächen, ist das Argument, dass Russland wirtschaftlich vom Klimawandel profitieren wird, nicht so weit hergeholt. Russland wird damit auch in Zukunft einen höheren Stellenwert und damit noch größere Bedeutung bei der Produktion und beim Export von Agrargütern, vor allem Getreide, haben. Gleichzeitig verringern sich mit zunehmenden Temperaturen die Erträge der Getreideernten in den heute großen und wichtigen Regionen USA, Australien und Südamerika. Dort wird es in den kommenden 30, 40 Jahren immer häufiger zu Ernteausfällen kommen, wenn der Klimawandel so wie jetzt ungebremst weiterläuft.....

Das größte Land der Welt hat auch die größten Brachflächen weltweit, also große, ungenutzte Flächen, die vor allem nördlich der Schwarzerde-Region liegen. Diese wurden nur in Zeiten der UdSSR bestellt und konnten sich dadurch in den seitdem mehr als 30 vergangenen Jahren gut erholen, sodass sich Kohlenstoff wieder im Boden und in der Vegetation ansammeln konnte. Wenn diese Brachflächen, die inzwischen teils wieder bewaldet sind, jetzt gerodet und zu Ackerflächen umgepflügt werden, würde aber dieser gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt werden und in Form von COin die Atmosphäre entweichen.

Wie unsere Studien herausfinden konnten, haben genau diese Brachflächen mit der Speicherung von COin den Böden in den nördlichen Teilen Russlands den Klimawandel bislang deutlich aufgehalten oder ihm zumindest entgegengewirkt. Werden aber genau diese Flächen bald wieder für den Pflanzenanbau genutzt, dann treibt man den Klimawandel wieder stark an.

Russland hat also mit Agrargütern ein zusätzliches, großes Druckmittel auf die internationale Gemeinschaft?

Russland beziehungsweise Putin fußt sein starkes Selbstbewusstsein vor allem auf der starken Position der russischen Landwirtschaft, die in den letzten zehn Jahren einen kompletten Turnaround geschafft hat: Vor zehn Jahren musste hier noch Schweinfleisch importiert werden, inzwischen wird es nur noch exportiert. Man hat sehr auf die Agrarkarte gesetzt, um vor allem den Anbau von Getreide voranzutreiben. Und ja: Diese Stärke ist inzwischen zu einem Riesenproblem für uns westliche Staaten geworden. ...

Klingt aber, als sei Putin bewusst, dass Russland davon profitieren wird.

Vom russischen Selbstverständnis her ist man nicht nur bei den fossilen Energiereserven eine Großmacht, sondern inzwischen eben auch im Agrarbereich. Zusätzlich guckt man noch auf die Prognosen zum Klimawandel und die Landschaftsentwicklungen der nächsten 20 Jahre, in denen andere Länder vom Klimawandel bereits deutlich stärker beeinträchtigt werden – und Bingo! Mit solchen Perspektiven in der Hinterhand kann ich mir gut vorstellen, dass sich Großmachtfantasien formieren, wie sie Putin vielleicht momentan schon hat. Ob das aber tatsächlich genau so eintreten wird und ob Putin da so gut wissenschaftlich beraten ist, zweifele ich aber trotzdem an.

Update vom 15.03.2022:
Inzwischen hat Russland die Getreideexporte in vier ehemalige Sowjetrepubliken gestoppt. Laut dem Kreml soll damit die heimische Versorgung gesichert werden. Die UN warnen vor einer internationalen Hungerkrise. Das Interview wurde bereits am 11.03. geführt


Bundeszentrale für politische Bildung hier  von Florian Schierhorn

Könnte Russland von der globalen Erderwärmung profitieren? Studien weisen darauf hin, dass der globale Norden durch den Klimawandel landwirtschaftliche und ökonomische Vorteile erlangen könnten.     

 Der Klimawandel gefährdet große Teile der globalen Landwirtschaft. Der globale Norden könnte jedoch von der Erwärmung landwirtschaftlich und ökonomisch begünstigt werden. Russland wird daher international immer häufiger als großer Profiteur der Erwärmung dargestellt. Treibt der Klimawandel den heutigen Agrar-Riesen zum international dominierenden Agrar-Giganten? In diesem Artikel ordne ich aktuelle und wichtige wissenschaftliche Studien zu diesem Thema ein und untersuche diese Frage.   

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