Spiegel hier Eine Kolumne von Hermann-Josef Tenhagen 09.04.2022
Mehr Vergütung und geringere Kosten Mit Solarmodulen auf dem Dach können Privathaushalte nicht nur günstig Strom für sich selbst erzeugen. Auch die Einspeisung ins Netz soll sich bald wieder mehr lohnen. Was Sie jetzt tun können.
Wohl dem, der eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach hat und seinen Strom dort für 10 bis 15 Cent pro Kilowattstunde (kWh) selbst produzieren kann. Denn im Einkauf beim Stromkonzern würde der gleiche Strom heute schnell 35 Cent kosten. Aber wie groß sollte die Anlage auf dem Dach sein? Schließlich können Sie einen guten Teil des Stroms gar nicht selbst verbrauchen. Und von den Konzernen bekommen Sie aktuell nur wenig Geld für das, was Sie ins Netz einspeisen. Meine Antwort: Bauen Sie trotzdem ruhig etwas größer! Dafür gibt es mehrere gute Gründe.
Der nachhaltige Grund: Wahrscheinlich können Sie in Zukunft mehr eigenen Strom gut gebrauchen
Erstens, weil Sie, wenn Sie nicht in der Stadt leben, auch künftig aufs Auto angewiesen sind und womöglich auf ein E-Auto ausweichen werden. Dann ist es beruhigend, den Strom selbst erzeugen zu können, anstatt Mondpreise an der Stromtankstelle zu zahlen. 10 bis 15 Cent pro Kilowattstunde statt 75 Cent, das lohnt sich .
Zweitens, weil womöglich auch Ihre nächste Heizung deutlich mehr Strom braucht. Sei es, weil Sie eine Wärmepumpe auswählen oder weil in Ihrem ökologisch modernisierten Haus das warme Wasser aus dem Durchlauferhitzer kommt .
Schließlich haben Sie drittens noch Nachbarn , die Sie ohne größere Umstände bei sich Strom tanken lassen können. Das ist jedenfalls in den Plänen des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vorgesehen. Die EEG-Umlage, die der Nachbar heute noch zahlen müsste, fällt ja schon ab Juli durch die Reformen der Ampelkoalition weg .
Der finanzielle Grund: Das grüne Wirtschaftsministerium hat am Mittwoch seine ambitionierten Ausbauziele für Fotovoltaik verkündet: Dieses Jahr 30 Prozent mehr an neuer Leistung als vergangenes Jahr; nächstes Jahr fast doppelt so viel und ab 2026 das Vierfache. Dabei soll die Hälfte der Solarmodule auf Dächern platziert werden.
Um das zu erreichen, werden künftig Anlagen von Privatleuten besonders gefördert, die den Strom komplett ins Netz einspeisen – also gar nicht dem Eigenbedarf dienen. Bis zu 13,8 Cent pro kWh sollen dann gezahlt werden, so steht es im Entwurf. Statt 6,9 Cent bei denen, die einen Teil des Stroms selbst nutzen (und ja dann schon vom Preisvorteil ihres Stroms verglichen mit dem Strom aus dem Netz profitieren).
Das heißt, es lohnt sich besonders, auf Ihrem Ferienhaus, Ihrem Schuppen oder Ihrer Scheune eine Fotovoltaikanlage zu installieren, wenn das Dach geeignet und groß genug ist. Nach den aktuellen Plänen können Sie zudem in jedem Jahr neu entscheiden, ob Sie weiter komplett einspeisen oder im Ruhestand überwiegend ins Ferienhaus ziehen und einen größeren Teil des Stroms dort selbst nutzen.
Sie könnten die Entscheidung für den kompletten Verkauf ihres Solarstroms sogar für das Solardach Ihres Wohnhauses treffen und sich jedes Jahr erneut fragen: Ist der Strom so teuer, dass die teilweise Eigennutzung mehr lohnt?
Der Kostengrund: Größer zu bauen ist für Sie persönlich auch deshalb sinnvoll, weil es kostengünstiger wird. Eine Anlage mit 15 Kilowatt (kW) Leistung ist aktuell schon für 1000 Euro netto pro Kilowatt zu haben; bei einer Anlage mit fünf kW Leistung müssen Sie mitsamt Installation von mindestens 1400 Euro netto pro kW ausgehen – das ist dann auch preiswert .
Von Nettopreisen spreche ich deshalb, weil Sie mit einer solchen Anlage am besten mindestens in den ersten sechs Jahren des Strombetriebs regulär als Solarunternehmer am Start sind. Dabei können Sie sich die Mehrwertsteuer für Ihre Investition vom Finanzamt zurückholen. Wenn die große Anlage 18.000 Euro inklusive Installation kostet, sind das immerhin 2850 Euro. Der Nettopreis liegt dann bei gut 15.000 Euro.
Ein wenig Solar-Latein zum besseren Verständnis Haben Sie überhaupt genug Dachfläche für eine große Fotovoltaikanlage zur Verfügung? Pro Kilowatt Leistung brauchen Sie mindestens fünf Quadratmeter Fläche, zum Beispiel auf dem Dach. Für die 5 kW Peak (Leistung) brauchen Sie deshalb etwa 25 Quadratmeter Dach, für die 15 kW Anlage brauchen Sie dann rund 75 Quadratmeter Dach, am besten natürlich immer Südseite, mit einem Neigungswinkel von 30 Grad und unverschattet. Also keine Bäume oder Satellitenschüsseln davor.
Im Durchschnitt können Sie mit einer Anlage mit fünf kW Leistung in Deutschland 5000 kWh Strom im Jahr erzeugen, bei 15 kW etwa 15.000 Kilowattstunden. Wo es sonniger ist, ist etwas mehr drin, zum Beispiel in Freiburg oder auf Usedom – im Sauerland oder im Thüringer Wald eher weniger. Einige Bundesländer bieten sogar ein Solarkataster , mit dem Sie die Sonneneinstrahlung auf Ihrem Haus abrufen können, darunter Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
...... Bei unseren Musterrechnungen für die Teileinspeisung amortisiert sich die große Anlage nach 13 Jahren und die kleine erst nach 15 Jahren. Verbrauchen Sie mehr von dem Strom selbst oder wird der Strom aus dem Netz deutlich teurer, rechnet sich ihre Anlage noch schneller . Hier finden Sie Modelle für weitere Musterrechnungen . .....
Erstens: Bestimmen Sie auf jeden Fall schon mal, wie viel Strom Sie erzeugen können und wollen. Wie viel geeignete Fläche haben Sie? Wie viel Geld steht zur Verfügung? Wollen Sie womöglich einen Kredit aufnehmen? Bei der Förderbank KfW gibt es vergünstigte Kredite für solche Solaranlagen ab 1,94 Prozent Zinsen, aber auch ohne KfW gibt es günstige Konditionen. Behalten Sie stets im Blick: Mehr Solarstrom ist im Zweifel besser.
Zweitens: Benachrichtigen Sie dann Ihren Netzbetreiber schon mal, dass Sie eine solche Anlage bauen wollen. Seine Zusage auf Netzanschluss können Sie auch schon vor dem Bau der Anlage einholen. Sie ersparen sich damit wochenlange Wartezeiten.
Was die Reihenfolge angeht: Auch wenn Sie den Strom ausschließlich verkaufen wollen, können Sie im Prinzip schon jetzt kaufen und installieren lassen – nur mit der Inbetriebnahme sollten Sie warten, bis die Regierungspläne für die höhere Einspeisevergütung Gesetz geworden und in Kraft getreten sind . Das sollte voraussichtlich noch vor der Sommerpause passieren. Teilen Sie dem Netzbetreiber mit, dass Sie den Strom ab dann komplett einspeisen werden, und vereinbaren Sie dann den Termin zum Netzanschluss.
Diesmal sollten Sie keine Zeit verlieren.
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