Focus hier Philipp von Ditfurth/dpa Samstag, 24.06.2023
Die Sommer werden immer heißer und trockener, die Natur leidet, die Landwirtschaft bekommt Probleme: Der Klimawandel macht sich auch in Baden-Württemberg immer stärker bemerkbar. Neben Klimaschutz setzt das Land auf Anpassung - und hat konkrete Pläne.Mit einer umfassenden Strategie will Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) die Anpassung an den Klimawandel in Baden-Württemberg vorantreiben - und zwar so zügig wie möglich. «Mit der Anpassung an den Klimawandel ist es wie mit dem Kampf gegen die Erderhitzung: Je entschlossener, frühzeitiger und vorausschauender wir handeln, umso besser geht es uns und unseren Kindern in wenigen Jahrzehnten», sagte Walker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Das sei auch aus ökonomischer Sicht die richtige Herangehensweise. «Ein ungebremster und ignorierter Klimawandel verursacht riesige Kosten. Investitionen in Klimaschutz und Klimawandel-Anpassung reduzieren sie drastisch», sagte Walker.
In dem knapp 300 Seiten dicken Arbeitsentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, listet das Ministerium die Auswirkungen des Klimawandels auf Baden-Württemberg auf und macht konkrete Vorschläge, mit welchen Maßnahmen sich das Land darauf vorbereiten kann. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte im März angekündigt, die Strategie noch vor dem Sommer verabschieden zu wollen.
Klar ist schon jetzt, dass die Extremwetterereignisse zunehmen dürften: Das bedeute mehr Regen im Winter und deutlich weniger Regen im Sommer, heißt es in dem Papier. Um einen besseren Überblick über die Lage im Land zu haben, will Walker bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) deswegen ein Niedrigwasser-Informationszentrum einrichten. Das Zentrum soll dabei helfen, einschätzen zu können, wie viel Wasser in eine Region zur Verfügung steht. Dann könnten die Behörden Wassermangel besser planen und bewältigen, heißt es aus dem Umweltministerium. Etwa durch frühzeitige Beschränkungen, wie viel Wasser wo entnommen werden darf.
Zudem setzt das Land auf einen «Klimacheck» für die öffentliche Wasserversorgung. Damit solle abgeschätzt werden, wie sich die Trinkwasserversorgung bis 2050 verändern müsse. Der Check läuft seit 2021 in elf Stadt- und Landkreisen. Ende Juli sollen erste Ergebnisse vorliegen, die den Kommunen genaue Empfehlungen für Investitionen vor Ort geben, um wie Wasserversorgung zu sichern.
Um die Wälder im Land auf den Klimawandel anzupassen, plädiert das Umweltministerium für die Nutzung verschiedener Baumarten. Besonders gefährdet durch den Klimawandel seien Fichten und Kiefern, profitieren könnten Laubbäume, wie etwa die Eiche, heißt es in der Anpassungsstrategie. Die Experten plädieren dafür, in den Wäldern auf mindestens drei verschiedene Baumarten zu setzen. «Wichtig ist dabei, dass mindestens eine Baumart mit guten klimatischen Perspektiven am jeweiligen Standort enthalten ist», heißt es in dem Papier. Weil Baumarten, die gut mit höheren Temperaturen umgehen können, derzeit aber noch unterlegen seien, müssten sie gezielt gefördert werden, schreiben die Experten.
Weitere konkrete Maßnahmen, die das Arbeitspapier auflistet, sind etwa die Aufhellung von Straßen und Schienen, was die Aufheizung der Umgebung reduzieren soll, der verstärkte bauliche Schutz von Straßen vor Hochwasser, oder die Schaffung von mehr Grünflächen in Städten, um eine Abkühlung zu erreichen.
Walker sieht in der Anpassung an den Klimawandel auch die Chance, die Lebensqualität für die Menschen zu erhöhen. «Parks und urbanes Grün kühlen unseren Lebensraum, sind Oasen für Insekten und zugleich sind Grünflächen Orte der Begegnung für Menschen. Aktive Anpassung an den Klimawandel ist eine Win-Win-Strategie für Mensch und Natur», sagte Walker.
Das Umweltministerium geht davon aus, dass Baden-Württemberg vom Klimawandel noch stärker betroffen sein wird, als bisher gedacht - sofern keine wirksamen Klimaschutzmaßnahmen verabschiedet würden. Im schlechtesten Fall steigt die Jahresmitteltemperatur im Land bis 2050 um bis zu 1,8 Grad, bis 2100 sogar um bis zu 4,5 Grad. Gebe es wirksame Schutzmaßnahmen ließen sich die Auswirkungen eindämmen, heißt es in der Strategie zur Klimawandelanpassung.
Focus hier Donnerstag, 11.05.2023
Klare Experten-Worte: „Wir werden den Klimawandel nur noch begrenzen können“
Lässt sich der Klimawandel jetzt noch stoppen? Nein, sagt das Umweltbundesamt. Vielmehr müsse man sich „radikal verbessern“, um ihn noch zu begrenzen. Doch Maßnahmen zur Begrenzung seien zu lange vernachlässigt worden. Jetzt soll ein Gesetz helfen.
Der Klimawandel lässt sich nach Ansicht des Präsidenten des Umweltbundesamts, Dirk Messner, nicht mehr komplett stoppen. „Wir werden den Klimawandel nur noch begrenzen können“, sagte Messner im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Die globalen Temperaturen werden wahrscheinlich um über zwei Grad ansteigen, wenn wir uns nicht radikal verbessern.“ Klimaanpassung sei deshalb mittlerweile ein ebenso wichtiges Stichwort wie der Klimaschutz selbst. „Das haben wir lange vernachlässigt, weil wir alle Kraft auf den Klimaschutz und die Eindämmung der Erderwärmung gesetzt haben.“
Gesetz für Klimaanpassung soll kommen
Um Deutschland besser an die Klimaveränderungen anzupassen, will Umweltministerin Steffi Lemke dazu in den nächsten Wochen ein Gesetz auf den Weg bringen. „Damit verbunden wird das Bundesumweltministerium bis 2024 eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Ziele entwickeln“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. „Städte und Gemeinden sind in besonderer Weise betroffen, wenn es um konkrete Vorsorge für die Folgen der Klimakrise geht. Allerdings ist Klimaanpassung für Kommunen bisher keine rechtlich verankerte Aufgabe.“ Mit dem Klimaanpassungsgesetz werde festgelegt, dass die Länder dafür Sorge zu tragen haben, dass diese Aufgabe wahrgenommen werde.
Auch nach Ansicht von UBA-Präsident Messner liegt die Anpassung an den Klimawandel vor allem in den Händen von Kommunen und Ländern. „Trotzdem muss der Bund einen einheitlichen nationalen Rahmen schaffen“, sagte Messner. „Die Länder entwickeln bereits eigene Strategien und Maßnahmenpläne. Da sollte alles natürlich zusammenpassen. Deswegen tauschen Bund und Länder sich regelmäßig aus und lernen voneinander.“
Am Donnerstag sind die Umweltministerinnen und -minister der Bundesländer und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zu einem zweitägigen Treffen auf dem Petersberg bei Bonn zusammengekommen. Bei der Konferenz soll es unter anderem auch um eine sichere Wasserversorgung und natürliche Klimaschutzmaßnahmen - etwa durch Moore - gehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen