hier FR Geschichte von Lars-Eric Nievelstein •5.6.24
Energiewende: Immer mehr Häuser heizen mit der Wärmepumpe. Das zeigen aktuelle Zahlen der Regierung. Allerdings gibt es Hürden.
Um die Wärmepumpe gab es zuletzt regelrecht Trubel. Wegen früherer großer Unsicherheiten bei der Förderung, auf die sich viele Bürger offenbar verlassen hatten, brach der Absatz der Wärmepumpe im ersten Quartal 2024 deutlich ein. Mittlerweile aber zeigt sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) optimistisch. „Die Antragszahlen sind im April noch einmal klar gestiegen“, teilte er kürzlich der Rheinischen Post gegenüber mit. Aktuelle Zahlen geben ihm recht – zumindest langfristig betrachtet.
Langfristige Betrachtung zeigt wachsende Beliebtheit der Wärmepumpe
Wärmepumpen kommen in immer mehr neuen Wohngebäuden zum Einsatz. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am heutigen Mittwoch (5. Juni) berichtete, nutzten im Jahr 2023 etwa zwei Drittel aller fertiggestellten Wohngebäude die Wärmepumpe zum Heizen (konkret sind es 64,6 Prozent). Gegenüber dem Vorjahr 2022 bedeute das einen Anstieg um acht Prozentpunkte und gegenüber 2014 stehe gar mehr als eine Verdoppelung auf dem Papier. Damals war die Wärmepumpe in 31,8 Prozent der neuen Gebäude verbaut worden.
Vor allem sind es die Ein- und Zweifamilienhäuser, in denen die Wärmepumpe zum Einsatz komme, teilte Destatis weiter mit. Bei diesen beträgt der Anteil an Neubauten mit Wärmepumpe etwa 68,9 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Mehrfamilienhäusern waren es lediglich 41,1 Prozent. In der Planung neuer Wohngebäude habe die Wiesbadener Behörde einen klaren Trend erkannt: Erneuerbare Energien sind in acht von zehn im Jahr 2023 genehmigten Wohngebäuden die primäre Heizquelle. Zumeist sind das Wärmepumpen – diese kommen in rund drei Vierteln (76,4 Prozent) der genehmigten Neubauten als die primäre Heizquelle zum Einsatz.
Diese Entwicklung – der zunehmende Einbau von Wärmepumpen in neuen Gebäuden – spiegele sich auch langfristig in der Produktion wider, berichtete Destatis. Im Jahr 2023 hatten die Hersteller rund 400.100 Wärmepumpen gebaut, also etwa 14,0 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings ging die Produktion im letzten Quartal deutlich zurück, hier hatte es einen Einbruch von bis zu 41,4 Prozent gegeben.
Ähnlich sieht es den neuen Zahlen zufolge beim Außenhandel aus. Hatte die Bundesrepublik im Jahr 2023 noch Wärmepumpen im Wert von 1,0 Milliarden Euro importiert (plus 39,2 Prozent gegenüber 2022), so ging der Import später deutlich zurück. Im ersten Quartal 2024 lieferte Deutschland Wärmepumpen im Wert von rund 163,4 Millionen Euro ins Land ein, was gegenüber dem vierten Quartal 2023 einen Rückgang um 228,1 Millionen Euro bedeutete, also knapp 35,5 Prozent.
Branchenvertreter weisen regelmäßig auf die schief gelaufene Debatte innerhalb Deutschlands hin. „Die Debatte ist von den Fakten gelöst“, sagte der Enpal-CEO und Gründer Mario Kohle gegenüber Ippen.Media. Sowohl bei der Förderung als auch bei der „massiven Fehlinformation“, die 2023 verbreitet worden sei, habe die Regierung noch jede Menge Hausaufgaben zu erledigen. Viele Verbraucher hatten sich im Zuge der Debatte um die Förderung der Wärmepumpe verunsichert gezeigt.
hier 04.06.2024
Enpal will in Europa produzieren
"Wir sollten uns über günstige Solarmodule aus China freuen"
Den Fachkräftemangel habe Enpal für sich "komplett gelöst", sagt Mario Kohle.
Enpal gehört zu den Shootingstars der Energiebranche. Mit Solaranlagen zum Mieten und Strom vom eigenen Dach für wenige Hundert Euro im Monat - inklusive Wartung und Reparatur - konnte das junge Unternehmen seinen Umsatz eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Jahren verneunfachen. Neues Wachstum sollen Wärmepumpen liefern, wie Enpal-Gründer Mario Kohle im ntv-Podcast "Startup - Jetzt ganz ehrlich" erklärt. Fehlende Installateure seien kein Problem, sagt er. "Wir bauen gerade eine Akademie, in der wir Leute zu Wärmepumpen-Installateuren schulen." Anders als Solarunternehmen wie Meyer Burger hält Enpal zudem eine wettbewerbsfähige Modulfertigung in Deutschland für möglich. "Dazu stehe ich zu 100 Prozent. Daran arbeiten wir."
ntv.de: Sie veröffentlichen Zahlen, von denen andere Startups in angespannten Zeiten wie diesen nur träumen können. Woran liegt das?
Mario Kohle: 2021 haben wir knapp über 100 Millionen Euro Umsatz gemacht, jetzt sind es 900 Millionen Euro. Wir haben den Umsatz innerhalb kürzester Zeit verneunfacht. Das ist eine ganz besondere Teamleistung. Vor allem, weil wir es profitabel geschafft haben. Jetzt investieren wir in Wärmepumpen und in unseren smarten Energiemanager, der zukünftig dabei helfen wird, noch zusätzlich viel Geld zu sparen. Wir investieren in Kundenzufriedenheit und in neue Distributionskanäle. Wir investieren in diesem Jahr viel Geld, um die nächsten Stufen des Wachstums erreichen zu können.
Kritiker sagen allerdings, dass der Jahresstart für Enpal schwierig war und es das mit dem steilen Umsatzwachstum gewesen sein könnte.
Wir haben vergangenes Jahr 1000 Wärmepumpen verkauft. Das waren etwa 28 Millionen Euro Umsatz. Damit waren wir direkt im ersten Jahr eines der größten Wärmepumpen-Unternehmen in Deutschland. In diesem Jahr werden es mindestens 5000 Wärmepumpen sein, also das Fünffache. Vielleicht sind wir damit die größte Wärmepumpen-Firma Deutschlands. Das geht natürlich nicht ohne Investitionen. Wir bauen gerade eine Akademie, wo wir Leute zu Wärmepumpen-Installateuren schulen, die das vorher noch nicht konnten.
Die Kritik ist also ungerechtfertigt?
Es ist immer gut, wenn man kritisiert wird und Feedback erhält. Wenn man nie Feedback bekommt und nie kritisiert wird, dann nimmt einem das sehr viel Potenzial, besser zu werden und Dinge zu erkennen. Ich liebe dieses Interview mit Amazon-Gründer Jeff Bezos, wo er sagt: Wenn du kritisiert wirst, musst du dich immer zuerst fragen, ob derjenige, der dich kritisiert, recht hat.
Haben die Leute denn recht?
Wir haben in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung gemacht und jeder, der uns kritisiert hat, hat uns geholfen, besser zu werden. Wir glauben an unseren Weg, das sehen wir auch in den Zahlen des Wärmepumpengeschäfts. Allein in den letzten fünf Monaten haben wir die Anzahl der verkauften Wärmepumpen verfünffacht. Aber natürlich funktioniert nicht immer alles in der Firma. Wir haben viele junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Dinge ausprobieren. Das Letzte, was ich will, ist, dass sie Angst davor haben, Fehler zu machen oder zu scheitern. Die rote Linie ist natürlich Arbeitssicherheit und alles, was mit der Hardware-Sicherheit unserer Kunden zu tun hat.
Im Handwerk herrscht ein großer Fachkräftemangel. Warum betrifft das Enpal nicht?
Wir wollen die Menschheit von fossilen auf erneuerbare Technologien umstellen. Das finden viele Leute inspirierend, wir bekommen sehr viele Bewerbungen. Und ja, es gibt nicht genügend Handwerker im Bereich Sanitär, Heizung, Klima. Aber was muss denn jemand können, um eine Wärmepumpe oder eine Solaranlage zu installieren? Wir haben den Prozess in vier Arbeitsschritte unterteilt. Nur für einen davon benötigen wir tatsächlich jemanden, der eine Ausbildung als Elektriker hat. Deshalb haben wir gesagt: Wir helfen den Leuten mit unseren eigenen Akademien, in diesen Job zu kommen - unbürokratisch, schnell und effektiv, aber auch mit einer guten Qualität. Damit haben wir für uns das Thema Fachkräftemangel komplett gelöst.
Sie setzen auf Solarmodule aus China. In Brüssel wird derzeit über eine Einführung von Strafzöllen auf chinesische Solarprodukte diskutiert. Wie stark würde das Enpal treffen?
Das würde vor allem die Konsumenten treffen, denn Solarmodule würden teurer werden. Wenn Solarmodule teurer werden, werden sich auch weniger Konsumenten dafür entscheiden und Europa sich somit langsamer auf erneuerbare Energie umstellen. Wir sollten uns über die günstigen Solarmodule aus China freuen, denn sie sorgen dafür, dass wir in der EU günstige Energie haben.
Trotzdem möchten Sie selbst in Deutschland Solarmodule herstellen.
Wir sind Realisten, die sehen, was weltweit passiert. Gerade weil es Szenarien gibt, in denen Handel erschwert wird, ist es wichtig, sich geopolitisch unabhängig zu machen. Deswegen beziehen wir mittlerweile immer mehr Güter außerhalb Chinas. Ein weiterer Teil dieser Strategie ist, die europäische Produktion zurückzuholen. Ich denke, dass in nächster Zeit konkret etwas passieren wird.
Das Schweizer Unternehmen Meyer Burger hat seine Solarmodul-Fertigung im sächsischen Freiberg geschlossen, weil es zu wenig politische oder finanzielle Unterstützung aus Deutschland gab. Sie haben daraufhin angekündigt: "Wenn Meyer Burger unserem Land den Rücken kehrt, stehen wir bei Enpal bereit, den Platz einzunehmen und in die heimische Fertigung von Solarmodulen einzusteigen."
Dazu stehe ich weiterhin zu 100 Prozent. Man kann diese Technologien in Europa zu kompetitiven Preisen produzieren, wenn man die richtigen Player zusammenbringt und das richtig aufsetzt. Daran arbeiten wir allein schon aus wirtschaftlichem Interesse. Wir wollen unsere Wertschöpfungsketten auch außerhalb Chinas diversifizieren. Dazu gehört eine europäische Produktion, aber nicht so, wie das manch andere Solarmodulhersteller gemacht haben.
Sie halten an Ihrem Versprechen fest?
Ja. Es steht noch nicht fest wann und wie, aber es steht fest, dass es kommt. Das brauchen wir, weil geopolitische Unabhängigkeit für uns zentral ist.
Mit Mario Kohle sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" anhören.
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