Freitag, 7. Mai 2021

Zum aktuellen „Klima-Aktivismus“ in Bodensee-Oberschwaben

 PM der Organisator*innen der Initiative

Für einen "Zukunftsfähigen Regionalplan"!

Bundesverfassungsgericht legt Grundrecht auf Zukunft fest!

In der letzten Zeit sah die Regionalplan4Future-Inititive als breites Bündnis knapp 40 verschiedener Umwelt-, Future-, Landwirtschafts-, Verkehrswende- und Wandelgruppierungen sich vor die Frage gestellt, wie weit ziviler Ungehorsam gehen darf und ob er überhaupt akzeptabel ist. Ziviler Ungehorsam hat sich in Deutschland als fester Bestandteil von demokratischen Protesten etabliert. Gewalt ist selbstverständlich grundsätzlich abzulehnen.

Die jungen Menschen der unabhängig agierenden Gruppe von Klima-Aktivist*innen, die in den letzten Tagen Kieswerke im Altdorfer Wald blockiert hat, gingen mit ihrer zivil ungehorsamen Aktion ein hohes persönliches Risiko ein. Warum tun diese jungen Menschen das? Warum gefährden sie damit möglicherweise auch ihre berufliche Zukunft?

Warum wälzen wir Mitglieder der Initiative im Ehrenamt hunderte Seiten von Regionalplanungs- Unterlagen, werden „Expert*innen“ für Raumplanung, Bauwirtschaft oder Wasserschutz und Kiesabbau?
Nicht weil das Thema so spannend wäre und uns sonst nichts einfallen würde in unserer wohlverdienten Freizeit: 
Wir sehen es als unsere Bürgerpflicht an, auf die Nichteinhaltung des aktuellen Regionalplanentwurfs von Klima- und Nachhaltigkeitszielen (1,5°; 3 Hektar Flächenverbrauch täglich im Land) aufmerksam zu machen. 

Eigentlich ist es doch die originäre Aufgabe der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, unsere Lebensgrundlagen soweit möglich zu erhalten und zu schützen!

Das Ravensburger Klima-Camp, hier im Altdorfer Wald im März, ist schon seit Ende letzten Jahres Teil der Regionalplan4Future- Initiative (Fotos: Barbara Herzig)

Obwohl die Umweltverbände von Beginn der Planungen an eine Grenze von 1500 Hektar Flächenverbrauch für Wohn- und Gewerbebau sowie Ressourcenabbau in den Landkreisen Bodensee, Ravensburg und Sigmaringen angemahnt hatten, will der RVBO nach wie vor mehr als das Doppelte versiegeln bzw. verbrauchen, dabei sind sehr viele Flächen nach §13b noch nicht mit eingerechnet. Inzwischen haben 40 Wissenschaftler*innen der Region sogar ein Höchstmaß an 1250 Hektar Flächenverbrauch ausgerechnet, sollten die Planungen aus wissenschaftlicher Sicht tatsächlich dazu geeignet sein, die postulierten Ziele in Klimaschutz und Nachhaltigkeit abzubilden.

Schon beim Lesen der Petition (openpetition.de/!regionalplan) wird ersichtlich, dass es in der komplexen Raumplanung auch um Ressourcenschutz, Energie- und Bauwende, Verkehrswende, Erhalt der bäuerlich geprägten Landschaft, Biodiversität, schlichtweg Naturschutz geht oder zumindest gehen sollte und angesichts der existenziellen Krise unbedingt muss!
Gerade auch in der regionalen Raumplanung für die nächsten 15-20 Jahre stellt sich die Frage, wie wir angesichts der voranschreitenden Klima- und Umweltkrise unsere Lebensgrundlagen möglichst erhalten können, wenn es nicht ohnehin schon zu spät ist. Wir haben die Grenzen des Wachstums schon weit überschritten.

Für den 5. Mai berechnete das Global Footprint Network unseren "Erdüberlastungstag“. Deutschland hat in diesem Jahr schon mehr Ressourcen verbraucht, als in den restlichen Monaten auf der ganzen Erde nachwachsen können. Derzeit bewahrheiten sich leider die Worst-Case-Szenarien der wissenschaftlichen Berechnungen zur Klima- und Umweltkrise.
Wir steuern etwa auf 3-5° Erderwärmung und unvorhersehbare Kipppunkte zu.
Die Vereinten Nationen warnten im Dezember 2020 vor kommenden Kriegen um Ressourcen, große Fluchtbewegungen sind jetzt schon im Gange. Wir werden schon bald zu enormen Veränderungen und auch Einschränkungen gezwungen sein, deutlich gravierender als durch die Corona-Krise.

Was sollen die Jugendlichen angesichts dieser Situation denn tun? Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen in einem bahnbrechenden Urteil gezeigt, dass „einer Generation nicht zugestanden werden darf, große Teile des CO2-Budjets zu verbrauchen, wenn damit das Leben der nachfolgenden Generationen umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“ (Bundesverfassungsgericht, PM Nr. 31, leicht gekürzt).
Eine Gesellschaft darf nicht die Freiheit ihrer künftigen Mitglieder beschneiden, indem sie deren Lebensgrundlagen zerstört.

Aber die Zeit drängt, und allerorten lassen die nötigen Veränderungen auf sich warten. Jetzt muss gehandelt werden, nicht morgen. Es gäbe Lösungen in der Raumplanung: Nachhaltiges Bauen mit Innenverdichtung und Aufstockung, zeitgemäße Wohnkonzepte mit kurzen Wegen per modernem ÖPNV zu Arbeit und Einkauf, neue „Dorfstrukturen“ mit sozialen Zentren statt Vereinzelung, bezahlbaren Wohnraum schaffen, usw. und so fort.

Wir fühlen deshalb mit den Jugendlichen, die schlichtweg um ihre Zukunft kämpfen, um den Erhalt ihrer und unserer Lebensgrundlagen.



Barbara Herzig für die Initiative Zukunftsfähiger Regionalplan

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