Business insider hier Don Dahlmann
Statt Kaufprämien für E-Autos: Diese Maßnahmen würden wirklich helfen
Kaufprämie stößt schon heute an ihre Grenzen
Zwar ruderte Verkehrsminister Wissing vor einigen Tagen zurück. Weder habe er entsprechende Vorschläge gemacht, noch plane er solche.
Die Idee wäre aber ohnehin nicht sinnvoll: Erstens würde der Verkehrssektor selbst mit einer massiven Mehrförderung von E-Autos seine Klimaziele nicht erreichen. Zweitens gerät die bestehende Kaufprämie schon heute sichtbar an ihre Grenzen: Noch immer werden E-Autos nur in geringen Stückzahlen produziert. Durch die gleichzeitig hohe Nachfrage und die anhaltende Chipkrise warten Kunden teils viele Monate auf ein Neufahrzeug.
Beispiel VW: Der Autokonzern gab bereits Anfang Mai bekannt, dass die gesamte Produktion an E-Fahrzeugen in Europa und in den USA für das Jahr 2022 ausverkauft sei. Wer jetzt ein Elektrofahrzeug aus Wolfsburg bestelle, müsse sich mindestens bis zum ersten Quartal 2023 gedulden. Den E-Auto-Klassiker Renault Zoe können Kunden sogar überhaupt nicht mehr bestellen. Das führt auch zu Verwerfungen am Gebrauchtwagenmarkt. Angebote werden knapp, die Preise steigen.
Zudem verstärkt die bestehende Kaufprämie auch das Problem der Ladeinfrastruktur. Deutschlandweit fehlt es an öffentlichen Ladesäulen, vor allem bei den so wichtigen Schnellladern ab 100 Kilowattstunden Leistung stockt der Ausbau. Schon jetzt teilen sich in manchen Städten wie Berlin mehrere Millionen Einwohner wenige tausend Ladesäulen. Eine noch längere Subventionierung von E-Autos geschweige denn eine Erhöhung der Fördersätze würde die Infrastruktur nur weiter belasten.
Diese Alternativen gäbe es
Das Verkehrsministerium um Minister Volker Wissing sollte sich deshalb fragen, warum E-Autos überhaupt noch gefördert werden. Es gibt diverse Alternativen zu Autos, vor allem in Großstädten. Schon länger fordern etwa Fahrrad-Verbände, dass teure E-Lastenräder stärker bezuschusst werden. Keine unberechtigte Forderung: Lastenräder kosten oft mehr als 5000 Euro. Dazu entlasten sie den Verkehr nachweislich. Mit 500 Euro für unmotorisierte, und maximal 1000 Euro für elektrisch angetriebene Lastenräder sind die Fördersätze aber noch überschaubar. Diese könnte man erhöhen.
Bislang noch gar nicht staatlich gefördert werden hingegen E-Bikes, E-Mopeds und E-Scooter. Auch diese Fahrzeuge entlasten den innerstädtischen Verkehr. Ein wichtiges Argument für eine Förderung: Sie könnte auch Bewohner in Vorstädten motivieren, auf ein Auto zu verzichten. Mit einem E-Bike etwa könnte die Distanz vom Wohnort zur nächsten Haltestelle leicht überbrückt werden.
Auf die Liste der zu fördernden Alternativen für das Auto gehört auch die Bahncard 100.
Denn wer überlegt, zugunsten der Bahn aufs eigene Auto zu verzichten, dem sollten auch finanzielle Anreize gegeben werden. Sicher, das Streckennetz der Bahn ist ausbaufähig, die Pünktlichkeit oft ungenügend: Doch auf der Mittel- und Langstrecke ist die Bahn die mit Abstand beste Alternative zum eigenen Auto. Auch, weil die Einsparungen beim CO2-Ausstoss enorm sind. Das sollte dem Bundesverkehrsminister den Gedanken wert sein, die Bahncard 100 (4000 Euro) staatlich zu bezuschussen.
Dass diese Ideen von Volker Wissing bislang gar nicht vorgebracht wurden, zeigt: Das Verkehrsministerium handelt nicht zeitgemäß. Die Sicht auf die Mobilität ist eindimensional und beschränkt sich allein auf das Auto. Multimodale Modelle scheint Wissing nicht zu kennen, und wenn doch, ignoriert er sie offenbar. So wird die Verkehrswende in Deutschland nicht gelingen.
Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.
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