Samstag, 27. Mai 2023

Statement der Fraktion im Regionalverband Teil 1: zur Fortschreibung des Regionalplans 2021

 Liebe Grüne Räte und Rätinnen in der Region RVBO,

in den Ortsverbänden und Kreisverbänden BO, RV, SIG
Liebe Räte und Rätinnen der Gemeinderatsfraktionen,
liebe Abgeordnete.

Wir, die Fraktion im Regionalverband wollen euch mit diesem Rundbrief über den Stand der Fortschreibung des Regionalplans 2021 und über die Planungen zum 2% Ziel in unserer Raumschaft informieren.

1. Die Fortschreibung des Regionalplans 2021

Der „alte“ Regionalplan stammt aus 1996. Die Fortschreibung wurde 2003 beschlossen und in den Folgejahren unternommen. Der Entwurf des „neuen“ Regionalplans wurde in der Verbandsversammlung an 25.6.2021 beschlossen.

Es gab 10 Gegenstimmen (8 von uns Grünen und 2 von der SPD). Ein Novum waren die Gegenstimmen, da bis 2019 alle Entscheidungen einstimmig erfolgten.
Unsere Fraktion war nach der der Kommunalwahl 2019 neu zusammengetreten. Sie umfasst 14 von 56 Mitgliedern in der Verbandsversammlung. 

Wir begleiteten die Fortschreibung des Regionalplans des RVBO fortan konstruktiv kritisch. Bereits im April 2020 wurde von uns ein 10-seitiges Positionspapier der Verbandsverwaltung und der Verbandsversammlung vorgelegt und in den Medien veröffentlicht.

Hauptkritikpunkte (zusammengefasst):

  • Der Plan widerspricht Zielen und Grundsätzen der Raumordnungsbehörden (LEP, ROG, LPlG)*.
  • Der erforderliche Landschaftsrahmenplan fehlt bisher.
  • Forderung nach konsequenter und konkreter Umsetzung aller geltenden gesetzlichen Bestimmungen des LEP, des ROG und des LplG, sowie des Koalitionsvertrags 2016.
  • Flächenverbrauch viel zu hoch, Bevölkerungsprognose auf Zuwachs ausgerichtet, nicht nach den Daten des Statistisches Landesamtes (StaLa) oder des Bundesamtes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR); s. Abb 9: 27.000 bzw. 29.000 statt 65.000. 
  • Zu hoher Flächenbedarf für Industrie und Gewerbe (zusätzlich 1000 ha); zudem Zielabweichungsverfahren gegenüber Anbindegebot in vier Fällen.
  • Vorranggebiete für Landwirtschaft und Hochwasserschutz gehen im Freiraumkonzept unter
  • Abbau von Rohstoffen für 2 x 20 Jahre viel zu hoch, Unzureichende(s) Kreislaufwirtschaft, Recycling von Boden, Steine und Bauschutt, Neuaufschluss in Grund im Altdorfer Wald, 
  • Verlängerung des Moorabbaus im Reicher Moos 2 x 20 Jahre bis 2070 (Waldburg, Vogt).
  • Ungenügender Schutz der Grundwasservorkommen (Interessenkonflikt im Zusammenhang mit dem Abbau oberflächennaher Rohstoffe (Kies, Sand) 
  • Mobilitätsplanung „weiter so“. Notwendiger Richtungswechsel in der Verkehrsplanung fehlt.
  • Überdimensionierter Querschnitt für den Neu- und Umbau der B 31 zwischen Meersburg West und Immenstaad

Im Verlauf der Beratungen haben wir viele Änderungs-Anträge (15 Stück insgesamt) eingebracht, um ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Baden-Württemberg in unserer Region zu gestalten. Aus unserer Sicht verdient ein Plan, der 15 Jahre, 20 Jahre, vielleicht sogar 25 Jahre die Entwicklung unserer Raumschaft verantwortet, im Hinblick auf die Herausforderungen jetzt und für die Zukunft richtungsweisend zu sein. Dieser Plan in seiner bestehenden Form wird den nachhaltigen Entwicklungszielen nicht gerecht. Deshalb, so stellten wir fest, kann der beschlossene Plan, nicht genehmigt werden.

Mit Regierungspräsidium und Wirtschaftsministerium setzten wir uns in vielen Schreiben auseinander. Erstaunlicherweise fanden wir in den Stellungnahmen zu den beiden Offenlagen, seitens Regierungspräsidium Tübingen und Wirtschaftsministerium (damals Genehmigungsbehörde) unsere Argumente bestätigt. Von dort kamen Einwendungen, wie von unserer Seite: Flächenverbrauch zu hoch, Siedlungsentwicklung nicht angemessen, Bevölkerungszahl falsch, Hochwasserschutz nicht ausgewiesen…

Trotzdem wurde der Plan am 25.6. 2021 beschlossen (siehe oben)

2023: Bisher ist der Plan nicht genehmigt: Warum dauert das so lange?

Wir lesen in der Presse von den Forderungen der SPD (Zeller), und hören in den Sitzungen von den Freien Wählern und der CDU Unverständnis, dass der Plan noch nicht genehmigt ist. „Wir brauchen Planungssicherheit“ heißt es.

Da wir diesen Plan nicht befürworten, sind wir nicht traurig, dass er noch nicht genehmigt ist. Die Zeit arbeitet für uns. In Stuttgart wird der Plan nach unseren Informationen auch kritisch gesehen. Er ist nicht so, wie man ihn haben will. Allerdings gibt es kaum Einflussnahme auf inhaltliche Positionen, lediglich rechtliche Versäumnisse könnten ihn kippen. 

Der Plan passt zudem nicht zum Vorhaben „Bioshärengebiet Oberschwäbische Moore und Feuchtflächen“.

Klageandrohungen gibt es vom BUND, der sich auf eine rechtliche Bewertung stützt und die juristische Stellungnahme dem RVBO und dem MLW* vorgelegt hat. Scientist for Future Ravensburg haben eine sehr detaillierte Betrachtung der Klimawirkungen bei Umsetzung des Plans geliefert. Kommunen (z.B. Vogt) wollen klagen, gegen den erweiterten Kiesabbau.
BUND und SfF* hatten sehr dezidierte umfangreiche Stellungnahmen 
abgegeben.

In Folge der zunehmenden öffentlichen Wahrnehmung, zu der auch unsere Zeitungsveröffentlichungen u.a. beigetragen hatten, gab es Protestbewegungen. Die „Petition für einen zukunftsfähigen Regionalplan Bodensee-Oberschwaben“ wurde von 40 Organisationen unter anderem vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband und von fast 4500 Unterstützern unterschrieben: Sie wurde aktuell verlängert..

Im Altdorfer Wald wird die Stelle des geplanten neuen Kiesaufschlusses nach wie vor durch das Klima Camp besetzt. Es gab mehrere Demonstrationen, zuletzt Anfang 2023 mit 500 Bürgern der Region.
Der sehenswerte Film „Von Menschen, die auf Bäume steigen“ wurde größtenteils dort gedreht.

Nachhaken zwischen 2021 und 2023:

In mehreren Schreiben an die Genehmigungsbehörden haben wir unsere Argumentation, weshalb wir den Plan nicht für genehmigungsfähig halten, nochmals herausgestellt. (19.9.21 - Antwort 26.10.2021 / 7.2.23 an MLW -Antwort 20.3.23). Die Abgeordneten hatten unsere Argumente schon mehrfach erhalten (21.3.21 Landtags- / 25.7.21 Kreistagsfraktionen).

Letztes Schreiben an MLW v. 7.2.23: Wir wiederholen unsere Sicht, dass der vorliegende Planentwurf nicht geeignet ist, die zukunftsfähige Ausrichtung für die kommenden 15-20 Jahre mit Blick auf den Koalitionsvertrag, das Klimaschutzgesetz, die geforderte nachhaltige Entwicklung und Ressourcenschonung zu erreichen.

Deshalb bitten wir darum, unsere früher vorgebrachten Argumente erneut zu prüfen.
Wir nehmen Bezug zum 
Verfahren des kürzlich genehmigten Regionalplans Neckar Alb und anderer Regionalpläne in Baden- Württemberg, für die verbindliche Nachbesserungen auch im Genehmigungsverfahren gefordert wurden. Diese ist aus unserer Sicht auch beim RVBO*:

  • Verzicht auf neuen Kiesaufschluss im Altdorfer Wald. Nicht benötigter Kiesbedarf, da Erweiterung der übrige Kiesabbaustellen um .(?)
  • Hinweis auf Bürgerbewegung und Verzicht auf Gewaltaktionen (Räumung Waldbesetzer-Klima-Camp).
  • Vier Zielabweichungsverfahren, keine Lex BW schaffen.
  • Zu hoher Flächenverbrauch nach neuester StaLa-Prognose des Bevölkerungszuwachses
  • Ausweisung von VRG für Landwirtschaft und Hochwasserschutz verlangt.

In seiner Antwort (20.3.23) auf unser Schreiben v. 7.2.23 schreibt uns das MLW, dass es sich derzeit intensiv mit begleitenden Fragestellungen zum Genehmigungsverfahren, wie etwa dem Zielabweichungsverfahren für vier Standorte für Industrie und Gewerbe in der Region Bodensee-Oberschwaben, auseinandersetzt. Es wird versichert, dass die Inhalte des Regionalplans sowie alle weitergehenden Fragestellungen sorgfältig auf ihre Genehmigungsfähigkeit hin geprüft werden. Die Prüfung wegen der Komplexität der Themen- und Problemfelder noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Fazit: 

  • Der fortgeschriebene Regionalplan 2021 übertrifft die Flächeninanspruchnahme des noch gültigen Plans 1996.
  • Die Flächen-Netto-Null Planungen der Landesregierung werden konterkariert.
  • Das Klimaschutzgesetz wird nicht umgesetzt
  • Rohstoffentnahmen sind weiterhin sehr hoch und nicht nachhaltig aufrecht zu erhalten. 
  • Kein Recycling-Impuls. Moorabbau wird für weitere 40 Jahre bis 2070 zugesagt (im künftigen Biosphärengebiet ?). 
  • Das Kreislaufwirtschaftsgesetz, der europäische Green Deal (Ressourcen/Kreislaufwirtschaft) werden nicht umgesetzt. 
  • Im Verkehrssektor wird weiterhin für Straße statt für Schiene/ÖPNV geplant. 
  • Die Flächeninanspruchnahme wird mit einer eigenen Prognose um das 2-5-fache des Statistischen Landesamtes bzw. Vorhersagen aus dem Bundesamt für Bau- Stadt- und Raumforschung übertroffen (s. Abb 9). 
  • Es wird auf § 13b gesetzt. 
  • Das Thema Energie ist verschoben worden, Flächenbedarf für Erneuerbare Energien ist nicht eingerechnet. 
  • Die Biotopvernetzung wird zwar geplant, ist aber nicht konsequent umgesetzt.

Insgesamt eine nicht auf nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung, sondern auf maximales Wachstum ausgerichtete Regionalplanung. Primat „Weiter so“.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen