Mittwoch, 20. März 2024

UN-Sonderberichterstatter sieht Recht auf Klimaprotest in Gefahr

 Zeit hier  16. März 2024  ZEIT ONLINE, AFP, ces

In Deutschland und anderen als fortschrittlich geltenden Ländern wird der Ton gegenüber Klimaaktivisten härter. Der zuständige UN-Beauftragte zeigt sich beunruhigt.

Wegen zunehmender Feindseligkeit gegenüber Umweltaktivisten in Europa sieht ein UN-Experte das Grundrecht auf Protest in Gefahr. Er sei sehr beunruhigt über den härter werdenden Ton gegenüber Klimaaktivisten in Ländern wie Deutschland, Österreich, Frankreich und Großbritannien, sagte Michel Forst, UN-Sonderberichterstatter für Umweltschützer, der Nachrichtenagentur AFP. Immerhin seien dies Länder, die als vorbildliche Demokratien gelten. 

Forst kritisierte, dass Regierungsmitglieder in diesen Ländern Bezeichnungen wie "Ökoterroristen" oder "grüne Taliban" benutzen, um friedliche Aktivisten zu beschreiben. Einige Medien trügen noch dazu bei, die Feindseligkeit vieler Bürger gegenüber Aktivisten zu verschärfen, sagte der Franzose. Dies lasse ihn "frösteln". Er habe gerade mehrere europäische Länder besucht, nachdem Aktivisten sich über eine Behandlung beschwert hätten, die mutmaßlich die Aarhus-Konvention sowie internationale Menschenrechte verletzte.

Die 1998 unterzeichnete Konvention ist der erste völkerrechtliche Vertrag, der jedem Menschen Rechte in Bezug auf den Umweltschutz zuschreibt – etwa das Recht, relevante Informationen einzuholen und sich an Entscheidungen zu beteiligen. Forst war von den Vertragsparteien der Konvention zum Sonderberichterstatter ernannt worden. Seine Aufgabe ist es, für den Schutz von Umweltschützern einzutreten.

UN-Beauftragter rügt britische Gesetze gegen Umweltschützer

Nach seiner Europareise zeigte sich Forst am stärksten besorgt über die Verhältnisse in Großbritannien. Der dortige Diskurs sei "toxisch", gegen Umweltschützer werde zunehmend hart vorgegangen. Er wies auf neue "regressive Gesetze" hin, durch die Klimaaktivisten mit harten Strafen zu rechnen hätten. So sei ein Aktivist für einen 30-minütigen langsamen Protestmarsch, mit dem er den Straßenverkehr störte, zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Harte Urteile gegen Klimaaktivisten gebe es aber auch in anderen europäischen Ländern, berichtete Forst. Darunter sei auch Deutschland.  

In Frankreich hätten Aktivisten Sicherheitskräften vorgeworfen, ihnen Essen, Trinkwasser und durch den Einsatz von Flutlicht auch Schlaf vorenthalten zu haben. Die Demonstrierenden hatten in der Nähe von Toulouse verhindern wollen, dass Bäume für den Bau einer neuen Autobahn gefällt würden. Wenn dies stimme, handle es sich um einen Verstoß gegen das Völkerrecht, sagte Forst.

Er kritisierte, dass sich europäische Medienberichte häufig auf das Geschehen rund um die Demonstrationen konzentrieren und nicht auf die Klimakrise, die Auslöser für diese Proteste sei. Die Welt befinde sich in einer "gefährlichen Zeit", aber die allgemeine Öffentlichkeit verstehe oft nicht, warum junge Menschen "den Zugang zu Flughäfen blockieren oder ihre Hände am Boden festkleben".

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